The Sorry Entertainers – Local Jet Set

Vor sechs Jahren sollte ein außergewöhnliches DJ-Projekt entstehen. Ein Duo, welches zwar im späteren Verlauf zu einem einzelnen DJ zusammenschrumpfte, aber dessen für Club-Verhältnisse doch eher langsame Musik Wege zu Festivals wie Fusion oder Nation of Gondwana zu ebnen vermochte. Die anspruchsvolle Mischung aus SloMo House und Techno von The Sorry Entertainers, wie Lotti auch fortan alleine am Pult hieß, eignet sich nämlich hervorragend zum Tanzen.

Im vergangenen Jahr entwickelte sich Lottis Ein-Mann-Show zu einer wirklich interessanten Combo als Raz Ohara dazu stieß. Ihm, und speziell seiner Stimme, gehörte schon seit mehr als zehn Jahren die Bühne. Zwei Alben auf dem mittlerweile insolventen Kult-Label Kitty-Yo sowie Platten für Monika Kruses Electric Avenue Recordings oder gemeinsam mit Alexander Kowalski ließen Patrick Rasmussen, wie Raz eigentlich heißt, die nötige Studio-Erfahrung mitbringen. Beide machten sich sofort an die Arbeit zur ersten gemeinsamen Veröffentlichung und traten damit das berühmte kleine Steinchen los, welches die Lawine ins Rollen bringen wird. Weshalb sich dies bereits jetzt so sicher sagen lässt, wäre zum einen Shitkatapult als nahezu perfektem Label für den Start, zum anderen ihrem grandiosen Debüt Album „Local Jet Set“ geschuldet.

Zu Beginn wird sich in „The Only Thing I know“ erstmal mit einigen Vocal-Samples, E-Bass und zerhackstückelter Spieldose entschuldigt, was als Intro dem folgenden Gemisch aus discoidem SlowMotion-House, breakigen wie auch beschwörend anmutenden Tracks und der Stimme Raz Oharas zwar klanglich absolut gerecht wird, inhaltlich aber natürlich völliger Quatsch ist. Denn für die elf Titel des Albums muss sich ganz und gar nicht entschuldigt werden! Vielmehr ist beeindruckend, dass sich innnerhalb der 60 Minuten kein einziger Tiefpunkt findet. Gut, „Watching you“ mit seinen singenden Kinderstimmen ist vielleicht nicht ganz so interessant ausgefallen, hat aber dennoch mit gerade einmal anderthalb Minuten eine klare Berechtigung im musikalischen Gesamkonzept.

Viel wichtiger allerdings sind die vielen Höhepunkte des Albums. Dazu gehören natürlich die drei bereits im November ausgekoppelten und von Raz und Lotti allein – man ist mittlerweile zu dritt – produzierten Titel „New Age“, welcher mit markanter Bassline, funky Synthies und der Stimme Oharas die neue Epoche ankündigt, sowie der sehr floortaugliche Hit „The End of all Times“ und der schleichende „Desperate Pilgrim“ mit seinen Trompetensounds. In gleich hoher Qualität kommen auch die weiteren Stücke des Albums daher, allen voran die Afro-Disco-Funk-Nummer „Jeopardize“ in der uns Raz ins Ohr klagt, dass er bis an sein Lebensende ein Drogenproblem haben werde. Währenddessen baut sich, ebenfalls Trompeten-haltig, ein absolut mitreißendes Groovemonster aus dezenter Acidline, Drums und funkigem Bass auf.

Generell sind die neuen Stücke ebenso wenig einem genauen Genre zuteilbar, wie die Vorgänger. Da gibt es fließende Cosmic Disco, welche der „Disco Queen“ gewidmet wurde und ebenso Lagerfeuer-Qualitäten hätte, da selten bratzige Synthies so wundervoll mit verschlagener Whiskey-Stimmung harmonierten. Kaum ein Stil-Mix wird hier ausgelassen, und so kommt es bei „Moonshiner“ gar zum Einsatz der umwerfenden Stimme von Country- und Folk-Legende Roscoe Holcomb, der in ein tiefes, schleppendes Worksong-Arrangement hinein gesampled wurde. Wabernde Bässe und ein beinahe rockig anmutender Raz Ohara bilden auf „All in my Head“ eine weitere überaus gelungene und zum Zurücklehnen einladende Symbiose.

Und so könnte man noch ewig an diesem wirklich hervorragenden Album herumloben. Die Tatsache, dass einem nicht jeden Tag ein solch breit gefächertes Werk in die Hände fällt, ist schon allein hoch anzurechnen, viel höher allerdings, dass keines der Stilgemische auch nur eine Sekunde aufgesetzt erscheint. Rasmussens enorm variable Stimme gibt den einzelnen Titeln zudem eine ganz individuelle Note. Überhaupt: Mit dem Debüt-Album bereits eine solche Perle abzuliefern, dürfte The Sorry Entertainers begründet direkt ins internationale Rampenlicht rücken. Denn „Local Jet Set“ ist definitiv eines der Alben diesen Jahres, von dem in Zukunft noch oft gesprochen und mit Sicherheit noch viel häufiger gehört wird – ganz großes Kino für das es, wie der Name impliziert, kein Mitleid, sondern große Anerkennung gibt.

Preview:

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Tracklist:

  1. The only Thing I know
  2. New Age
  3. Local Jet Set
  4. Jeopardize
  5. Disco Queen
  6. Mana Chaninqa
  7. The End of all Times
  8. Watching you
  9. All in my Head
  10. Desperate Pilgrim (Version)
  11. Moonshiner (Vocals by Roscoe Holcomb)

(Shitkatapult)