Ein Boys Noize-Aufkleber weist mir den Weg durch einen Berliner Hinterhof zur Holzpforte. Housemeister öffnet höchstpersönlich und ich stehe in einem lauschigen Hinterhof. Es gibt viel zu sehen – in einer Ecke eine kleine, überdachte KFZ-Werkstatt mit Autowrack, Werkzeug, Öl und alten Lappen, daneben ein olles Sofa mit Wohnzimmertisch und riesigem Barbecue-Grill. Wir setzen uns, Melone und Berliner Weiße mit Eis werden gereicht. Im Gespräch verrät sein Akzent ab und an, dass Housemeister in Rostock geboren wurde. Allerdings ist Martin Böhm, wie Housemeister wirklich heißt, schon als kleiner Bengel nach Berlin gekommen.
Mit „Music Is Awesome“ ist auf Boysnoize Records Ende Mai Housemeisters drittes Album erschienen. Klar, diese Ansage des Albumtitels unterschreiben wir alle gern. Gilt das aber auch für die Musik seiner neuen Scheibe? Die Devise lautet Tanzen und Party, sagt Housemeister – weniger künstlerisch angehaucht und nicht so ruhig wie die Vorgängeralben.
Housemeister sagt, er mag „Elektro mit lustigen Melodiechen“, aber beim ersten Hören hämmern und ballern die Tracks erstmal ganz schön die Membran durch. Der Sound ist hektisch und eher nicht zur Entspannung geeignet, findet auch Housemeister. Er feuert Salven an Bässen und gezielte Schüsse aus seinen diversen Klangmaschinen direkt auf die Tanzfläche. Manchmal wird es ganz schön anstrengend, aber an einigen Stellen ist es ultimativ tanzbar. Selbst zu Hause vor’m Rechner ist diese Klangwaffe kaum zu bändigen.
Was das noch mit House in seinem Künstlernamen zu tun hat? Nichts. Housemeister spielt schon lange keine derartigen Platten mehr. Die Marke Housemeister ist ein Überbleibsel einer langen DJ- und Musikerkarriere, die Mitte der 1990er in Ost-Berlin begann. Aber dennoch gibt es keinen Grund den zu ändern, denn wenn man in der Szene mit seinem Projekt ankommt, dann merken sich die Leute jeden Namen, egal wie bescheuert er ist, weiß Housemeister.
Trotz der zahlreichen Tanznummern auf dem Album „Music Is Awesome“, kommt eine ganz persönliche Vorliebe Housemeisters zum Vorschein. Die Tracks dokumentieren mit ihren verspielten Klangeffekten seine Leidenschaft für Spielzeugroboter. Bei sich zu Hause hat er eine umfangreichen Sammlung, vornehmlich aus Japan und aus den 60er Jahren. Bei „Feed The Robots“ und „The Litte Robotmen“ kann man sie losstampfen hören. Effekte rauschen wie Raumschiffe über die Beats. Maschinenhafte Stimmen erinnern an Kraftwerk oder trashige Science Fiction-Filme des vergangenen Jahrhunderts.
Als Musiker arbeitet Housemeister am liebsten mit älteren Soundmaschinen, mit denen man noch organische Klänge durch das Drehen und Einstellen von Knöpfen und Reglern erzeugt. Auf Computerbildschirme zu starren und an digitalen Effekten zu frickeln, das ist nicht so sein Ding, „weil Maschinen einfach viel mehr Spaß machen“. Mit analogen Geräten Musik zu machen, das heißt auch mehr dem Zufall zu überlassen. Housemeister mag Zufälle, die Maschinen holpern und stolpern, hängen im Track hinterher oder erzeugen diverse Nebengeräusche. Dadurch entsteht der spezielle Groove. Digital kann man den allenfalls simulieren.
Bei Housemeister könnte auch ein Blecheimer als Klangquelle für einen Track herhalten. Der Charme eines guten Songs liege nämlich zunächst nicht im perfekten Klang, sondern in der Idee. Und die kommen Housemeister beim Herumspielen mit den Maschinen, wenn er gerade Langeweile schiebt.
Bald möchte er gerne auch wieder seine EP-Spezialreihe „Beaf Jerkey“ fortführen und ein bisschen Klänge schreddern, wie er es nennt. Es ist ein Potpourri an Sounds, welches er mit seinen diversen analogen Klangwerkzeugen zusammen klöppelt: spaßig, improvisiert und alles andere als perfekt. Aber so ist Housemeister: andere versuchen digital den geilsten Klang zu kreieren und schnippeln alles vermeintlich Unnötige und Fehlerhafte weg. Housemeister sagt hingegen: „Mastern können die anderen, ich bin Musiker!“
Das komplette BLN.FM-Interview zum Nachhören:
Im Interview spicht Housemeister über die Lebensqualität in Berlin und warum er mittlerweile lieber auf den Tennisplatz, als zur Afterhour geht. Er berichtete von seinen zwar spaßigen, aber manchmal ätzenden Tourneen nach Australien, China und Nordamerika und wo er in den nächsten Monaten sein Album vorstellen wird.
[podcast:]http://media.bln.fm/media/audio/interviews/housemeister/20110615_special_housemeister.mp3[/podcast]
Album vorhören:
http://www.zero-inch.com/artist/Housemeister/album/Music_is_Awesome/256803