Karneval in Kreuzberg – Trittbrettfahrer und Draufzahler

Pfingsten feiert traditionell die Multikulti-Szene Berlins. Bereits zum 16. Mal findet der Karneval der Kulturen statt, der auch dieses Jahr hunderttausende von Zuschauern anziehen wird. Vom 10. bis zum 13. Juni wird auf den Straßen Kreuzbergs getanzt, geguckt und verdammt viel gegessen.

Seit Jahren schmückt sich die Hauptstadt mit ihrem größten multikulturellen Ereignis, das ursprünglich eher eine politische Demonstration sein sollte als ein  Volksfest. Menschen verschiedenster Herkunft zeigen, dass sie in Berlin präsent sind und treten für ein gemeinsames Zusammenleben und Zusammenabeiten ein, dass unterschiedliche Kulturen respektiert.

Jährlich feiert sich auch das offizielle Berlin für das bunte Treiben, schnellen Rhythmen und künstlerischen Darstellungen aus verschiedenen Kulturbereichen. Inzwischen ist der Karneval sowohl national als auch international Sinnbild für ein buntes, lebhaftes und tolerantes Berlin geworden. Und davon profitiert die Stadt, denn die sichtbar gelebte Unterschiedlichkeit ist zweifellos ausschlaggebend für Berlins Zukunft als europäische Metropole. Die perfekte Werbetrommel also. Und die kurbelt nicht nur das Ansehen, sondern auch die Wirtschaft bedeutend an.

Hotels, Gastronomie, Reiseveranstalter, ja sogar Stadtreinigung und Auto- und Technikverleihe ernten die Lorbeeren. Die eigentlichen Hauptakteure gehen hingegen überwiegend leer aus oder zahlen gehörig drauf. Hauptakteure sind dabei die unzähligen Tanzenden, Musizierenden und Akteure, die den Karneval durch ihr ehrenamtliches Engagement überhaupt erst möglich machen.

Finanzierungsprobleme gab es seit jeher, doch mit dem Wegfall der öffentlichen Förderung durch den Hauptstadtkulturfonds im Jahr 2007 wurde die Durchführung für den Veranstalter, die Werkstatt der Kulturen, und teilnehmende Gruppen immer schwieriger. Parallel zur Kommerzialisierung des Karnevals stiegen nämlich auch die Kosten für Wagen, Kostüme, Proberäume, Technik und Organisation, die hauptsächlich durch die Gruppen selbst bezahlt werde. Die Finanzierung eines solchen Umzugsauftritts mit Wagen und Kostümen beträgt zwischen 2.000 und 9.000 Euro. Bisher fehlte es nicht nur an Sponsoren, sondern auch am Willen des Landes Berlin, sich ausreichend als Geldgeber für die Auftritte einzelner Gruppen zu beteiligen.

Wenn kulturelle Beiträge dieser Größenordnung mehr ausgenutzt als gewürdigt werden, bedeutet das einerseits die Gefährdung der künstlerischen Qualität für die Zukunft des Karnevals, denn viele Gruppen können sich den Finanzierungshürden nicht mehr stellen. Andererseits zeugt es auch von einer trägen und fehlgeleiteten Kulturpolitik. Aufgrund einiger Proteste seitens der Teilnehmer soll es jetzt nach dem Karneval 2011 eine Gesprächsrunde mit sämtlichen Betroffenen geben, die von der Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Carola Bluhm, eingeladen werden. Thema ist nun endlich die zukünftige Finanzierung des Karnevals und die angemessene Förderung derjenigen, welche den Karneval erst zu einem Höhepunkt im Berliner Frühsommer machen: den auftretenden Gruppen.

Info:

Der Karneval der Kulturen findet vom 10. bis zum 13. Juni in Kreuzberg statt. Höhepunkt der Feier ist der Karnevalsumzug, der am 12. Juni um 12.30 Uhr startet. 96 Wagen befüllt mit unterschiedlichster Musik und 4700 Teilnehmern aus 80 Nationen ziehen vom Hermannplatz in Richtung Yorckstraße. Wer die Umzugstruppen dabei in Bestform erleben will, sollte sich an den Südstern gesellen. Da sitzt nämlich eine Jury, die innerhalb von 90 Sekunden von der Performance der Teilnehmer überzeugt werden will. Interessant könnte unter anderem der Aufzug der spanischen Kulturgruppe Tellercito werden, die sich samt selbst gebastelten Papamobil dem anstehenden Besuch des Papstes in Berlin widmet. Und zwar unter dem schönen Motto „Heiliger Stuhlgang“.

Hier eine Übersicht der Umzugswagen mit elektronischen Klängen:

  • Kellerkinder, Sisyphos & Kinder des Mondes – Wagen 82
  • Carepack Records – Wagen 88
  • Wicked Tunes – Wagen 92
  • Bonito Flavoured China Club – Wagen 94
  • [multi:mat] & Dangerous Drums – Wagen 96

Der Umzug endet bereits um 21.30 Uhr. Wer dann noch immer nicht genug hat, kann danach im ://about blank, Horst Krzbrg oder Rosi’s weiterfeiern. Mehr Infos auf der Seite vom Karneval der Kulturen.