Geht es um seltsam benannte Titel aus dem deutschsprachigen Raum, so fällt mit Sicherheit der Name Gabor Schablitzki. So jedenfalls heißt der Thüringer Produzent Robag Wruhme, sofern man seinen Vornamen rückwärts liest und sich außerdem auf die kauzigen Fantasie-Wörter seiner Musik einlässt. Bei dieser ist Gabor nämlich nicht minder kreativ, wie sich anhand einer ordentlichen Palette von Titeln zeigt. Besonders als Teil des DJ-Duos Wighnomy Brothers, welches er gemeinsam mit Monkey Maffia alias Sören Bodner ganze 17 Jahre bis zum Ende 2009 mehr als erfolgreich am Leben hielt, sollte Gabor einen enormen Bekanntheitsgrad erlangen. Interessant ist hier auch, dass Gabor – obwohl sie als die Brüder genannt wurden – schon immer der alleinige Produzent gewesen sein soll. Remixe für Slam oder Minilogue aus seiner Feder wurden beachtliche Hits und ebenso beachtlich war auch sein Spektrum an Musik unter verschiedensten Namen. 2004 war es dann endlich soweit; Gabor debütierte mit seinem Album „Wuzzelbud KK“ auf dem Freude am Tanzen-Unterlabel Musik Krause, das aus experimentellem bis wuchtigem Minimalismus und sogar einer astreinen Pop-Nummer namens „K.T.B.“ bestand.
Ganze sieben Jahre sind seitdem vergangen. Sein aktuelles Album „Thora Vukk“, das nun auch schon seit ein paar Wochen auf DJ Kozes Pampa Records zu haben ist, knüpft allerdings eben nicht dort an wo man es wohl vermutet hätte. Beim ersten, zweiten und auch dritten Durchhören muss man leider feststellen und zugeben, etwas mehr erwartet zu haben. Denn abgesehen davon, das Gabors Konzeptalbum wie wirklich erwachsene elektronische Chill- und Tanzmusik klingt, bleibt erstmals das Neue und Besondere auf der Strecke. Gerade wenn wie bei „Bommsen Böff“ der Name des Labelbetreibers (also Koze) ebenfalls auftaucht, steigt die Erwartungshaltung schließlich ins Unermessliche. Herausgekommen ist sicherlich – und das gilt für alle zwölf Werke auf „Thora Vukk“- erstklassig produzierte Musik. Neuartiges lässt das Konzept-Album allerdings ein wenig vermissen.
Genau aus diesem Grunde gammelte das Album einige Tage vor sich hin, bevor mir persönlich immer wieder Teile daraus im Kopf herumschwirrten und mir langsam klar wurde, wieso ich nicht wie erhofft vor Freude beim ersten Hören aus den Latschen gekippt bin. Die warmen Melodien von Titeln wie dem Opener „Wupp Dek“ oder „Pnom Gobal“ verschmelzen zwar mit viel Liebe und leicht dadaistischen Vocals zu einem Album voller akustischem Sonnenschein. Auch die Übergänge, welche als „Brücke eins“ bis „Brücke fünf“ betitelt sind, lassen immer nochmals kurz die Thematiken aufschimmern und bieten ein paar verschrobene Soundsspielereien, sind aber dabei weniger ausgefallen als es ein Wruhme gekonnt hätte. Das ganze Album lädt eigentlich perfekt zum Gemecker auf hohem Niveau ein. Schöne Piano-Melodien wie in „Tulpa Ovi“ oder „Prognosen Bomm“ und durchgehend fantastische Arrangements sind nämlich nur ein Bruchteil dessen, was man erwartet hätte.
Was der zuckersüßen Kuschelmusik leider vollkommen fehlt, ist nicht nur der gute alte Floor-Burner. Es fehlt am meisten am Wruhme’schen Seitenhieb auf – nunja, gute Frage – aber eben genau das gab es früher. Lediglich im letzten Titel, der passend natürlich „Ende“ heißt, ist von Robag vernehmbar, was seine teils merkwürdigen, weil mit unterschiedlichsten Einflüssen versehenen DJ-Sets erhoffen lassen; die Kauzigkeit des vollschlanken Mannes mit Bart, der eigentlich optisch ungewohnt hinterm Pult erscheint. Zu hören ist ein Chor aus solch illustren Gästen wie Ada, Fritz Kalkbrenner oder Miss Kittin sowie vielen mehr. Gesungen wird kein Text, die Stimmen bilden ein gemeinsames Gefüge, das wie ein Einsingen mit elektronischer Untermalung klingt. Zum Ende hin ist etwas wirklich Süßes zu hören, wenn ein kleines Kind mitgeschnitten wird, wie es für Gabor „singt“ und sich von ihm verabschiedet.
Offensichtlich war Gabor gar nicht danach, großartig ausgefallen zu sein. Vielmehr ging es ihm anscheinend um Harmonien und eine vorsichtig genug angewandte Portion Kitsch. Herausgekommen sind etwas über 45 Minuten Wohlfühlen und Entspannung für die Ohren, Musik die draußen im Garten gehört werden kann, während man sich des Lebens erfreut. Ein wenig drängt sich die Frage auf, ob Gabor vielleicht damit eine Art Meilenstein seiner Karriere setzen wollte, der markiert: hier bin ich angekommen, weiter muss ich mich nicht neu definieren. Für den durchschnittlichen Endkonsumenten ein sehr gelungener Stimmungsaufheller. Für den geneigten Fan ein Album, das fast schon zu schön ist um Wruhme zu sein.
Preview:
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Tracklist:
- Wupp Dek
- Thora Vukk
- Brücke Eins
- Bommsen Böff (feat. DJ Koze)
- Brücke Zwei
- Pnom Gobal
- Brücke Drei
- Tulpa Ovi
- Brücke Vier
- Prognosen Bomm (feat. Lysann Zander)
- Brücke Fünf
- Ende