Das siebente Gallery Weekend Berlin fand am ersten Mai-Wochenende in Berlin statt. Mehr Besucher denn je waren dabei und die 6.000 Euro Teilnahamegebühren je Galerie werden sich gelohnt haben. Neben Mojitos, Wein, Essen und Kunst stand die Verhaftung des Künstlers Ai Wei Wei diesmal ganz klar im Mittelpunkt. Ein paar der Ausstellungen bleiben noch eine Weile zu sehen.
Mit einem VIP-Empfang wurde am Freitag in der italienischen Botschaft eröffnete. Es gab essbare Kunst von Alessandra Pallotta und Wein aus Konservengläsern. Von Freitag bis Sonntag hieß es dann Galeriezappen durch die ganze Stadt. Nicht nur die Ausstellungsobjekte, sondern auch die Galerien waren sehr unterschiedlich – von kalten Kellernischen bis zu lichtdurchfluteteten Glasräumen war alles dabei. Neue Kunst und außergewöhnliche Architektur sorgten für ein spannendes Programm.
Einer der wichtigsten Gäste, der chinesische Künstler Ai Wei Wei, fehlte jedoch. Im April wurde er von der chinesischen Polizei am Flughafen verhaftet, seitdem fehlt von ihm jede Spur. Am Freitag Abend sollte Ai Wei Wei in der Galerie Neugerriemschneider seine neue Ausstellung eröffnen. Dass er hier fehlt und die Bestürzung darüber groß ist, merkt jeder Besucher.Vor der Galerie stehen Amnesty International, an der Fassade des Gebäudes hängt ein großes Banner mit der Aufschrift „Where is Ai Wei Wei“, in der Galerie gibt es Buttons mit diesem Wortlaut. Beim Dinner im Postbahnhof liegen Sonnenblumenkerne aus Porzellan auf den Tischen – die hatte Ai Wei Wei für seine Ausstellung in der Tate Modern im letzten Jahr verwendet.
Neben vielen Ausstellungen mit Malerei und Fotografie traute sich die Galerie KOW (Foto), Cady Noland und Santiago Sierra aufzunehmen. Santiago Sierra bezeichnet sich selbst als Anarchisten und arbeitet hauptsächlich mit Menschen, die von der Gesellschaft ausgeschlossen werden. Krass helles Licht blendet die Besucher, die den Keller der Galerie betreten, so dass man erstmal nicht viel sieht. Wenns sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, sieht man einen Mann mit dem Gesicht zur Wand in der Ecke stehen. Ein Kriegsveteran. Ob der jetzt echt ist? Ja, ist er (angeblich). Er sieht aus, als würde er pinkeln. In dem bedrückenden Kellerraum starrt man noch eine Weile auf einen Fernseher, der brennende Gebäude zeigt, und zwei große Fotografien mit Zähnen. Ein etwas unernster Gedanke kommt einem aber auch: Der Mann sieht aus, als würde er pinkeln. „Kann man seinen Penis sehen?“ scheinen sich einige Besucher zu fragen, die näher an ihn herangehen.
In der Galerie Aratia, Beer in Kreuzberg kann man sich auch ein Tattoo stechen lassen. Die Galerie hatte in ihren Räumen ein temporäres Tätowierstudio eingerichtet. 20 Künstler hatten den Auftrag, Tattoos zu entwerfen. Es entstehen zum Beispiel beschriftete Herzen, Hunde, Löwen und Engelsflügel. Einfach nur schön anzuschauen ist die Ausstellung von Sarah Morris im Capitain Petzel. Ihre Bilder und der Film verkörpern eine harmonische Idylle und Ordnungsästhetik.
Hier einige Ausstellungen, die weiterhin geöffnet haben:
- Galerie Neugerriemschneider, Ai Wei Wei „Rock“ und „Tree“ 29. April.- 4. Juni 2011, Linienstraße 155, Berlin-Mitte, U8:Rosenthaler Platz, S-Bahn: Oranienburgerstraße
- Galerie KOW, Cady Noland und Santiago Sierra „General Strike“ 29. April- 29. Juli 2011, Brunnenstraße 9, Berlin-Mitte, U8: Rosenthaler Platz, S-Bahn: Oranienburgerstraße
- Capitain Petzel, Sarah Morris „John Hancock“ 29. April- 30. Juli 2011, Karl-Marx-Allee 45, Berlin-Friedrichshain, U5: Schillingstraße