Populäre Musik und Schubladen, es geht einfach nicht ohne. Der Konsument braucht sie zur Orientierung, während der Produzent zwanghaft versucht sie zu vermeiden. Genrekategorien sind kulturelle Vorurteile: ziemlich unsympathisch, aber auch hilfreich und notwendig. Am besten ist Popkultur genau dann, wenn der Produzent sich seine eigene Schublade zimmert, als künstlerisches Alleinstellungsmerkmal.
Instra:mental veröffentlichen seit mehr als zehn Jahren elektronische Tanzmusik verschiedener Stilrichtungen und haben sich vor allem in Dubstep- und Drum and Bass-Kreisen einen Namen gemacht. Auf älteren Stücken wie „No Future“ oder „Scene 3“ zeigt sich ihre für diese Genres ungewöhnlich reduzierte, quasi minimalistische Ausdrucksweise. Indem sie mit den überreizten Konventionen brachen, haben sie sich selbst eine künstlerische Nische erschaffen. Für ihre Absage an den stilistischen Stillstand adelte man sie schließlich als musikalische Revolutionäre, Drum and Bass hatte wieder eine Zukunft.
Mit „Resolution 653‟ ist nun ihr Debutalbum erschienen und es klingt fast so, als hätte das Londoner Duo plötzlich Panik bekommen, sich in seiner avantgardistischen Nische ein künstlerisches Grab geschaufelt zu haben. Bloß keine Wiederholungen! Bloß keine Schublade! Da sie sich scheinbar nicht einmal auf eine grobe Richtung für ihre Tracks einigen wollten oder konnten, kommt es zum stilistischen Overkill. Gibt es Drum and Bass-Referenzen, dann klingen sie wie bei „Sun Rec‟ eher traditionell, manchmal sogar altbacken. An anderer Stelle ertönt Retro-Electro (z. B. „User‟, „Delta Zone (Advance)‟) und wahrscheinlich ließe sich zu „Love Arp‟ ziemlich gut breakdancen. „8‟ wiederum zielt auf die Technotanzfläche, während „Aggro Acid‟ versucht seinem Namen so viel Ehre wie möglich zu machen. Auch die eigentlich schöne Idee mit dem Bass-Sequencer, der auf „Talkin‛ Mono‟ dem Sechzehntel-Beat konsequent seine Triolen entgegensetzt, verliert sich schnell in Bedeutungslosigkeit.
Für manche Fans früherer Produktionen wird „Resolution 653‟ eine Enttäuschung darstellen – vor allem für diejenigen, die sich gewünscht hatten, dass Instra:mental auf Albumlänge ihre Zukunftsvision von elektronischer Tanzmusik weiter ausarbeiten. Stattdessen präsentieren die dreizehn Stücke vor allem einen unscharfen Blick zurück, der vor lauter Ziellosigkeit zusätzlich noch schielt. Ein bisschen mehr Mut zur Schublade hätte Instra:mental sicher nicht geschadet.
Preview:
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Tracklist:
- Sun Rec
- User
- 8
- Waterfalls
- Aggro Acid
- Arc
- Love Arp
- Thomp
- Talkin‘ Mono
- Rift Zone
- Plok
- Delta Zone (Advance)
- Memory Implant