Hilfesuchende Japaner in Trümmerlandschaften und qualmende AKWs in Endlosschleife – das ist der visuelle Einheitsbrei, den die Medien Wochen nach dem verheerenden Erdbeben in Japna liefern. Wie aber haben die Menschen das Erdbeben erlebt und was geschah unmittelbar danach?
Akiko Kiyama ist am Tag des Erdbebens, dem 11. März 2011, bei ihrer Familie in Tokio zu Besuch. Es ist Nachmittag und plötzlich fängt die Erde an zu wackeln. Sie, ihre Mutter und ihre Schwester rennen in das Badezimmer der Wohnung, um sich zu schützen. In Japan sind alle auf solche Situationen trainiert, alle wissen was zu tun ist. Das Beben ist so heftig, dass Akiko denkt, das Epizentrum wäre in der Nähe der Hauptstadt. Erst später sieht sie im Fernsehen, wieviel im Norden des Landes zerstört wurde.
Das Chaos in Tokio hält sich in Grenzen – das Internet funktioniert, Telefon nicht. Aber es fahren keine Züge und keine Busse mehr. Der Schock ist groß, aber noch größer ist die Sorge, dass es noch ein Nachbeben geben wird. Hierzulande ist man verwundert über die Gelassenheit, die die Japaner nach diesem Horror der Welt zeigen:
„Wir versuchen cool und ruhig zu bleiben, weil wir wissen, dass es die beste Art ist mit jeder Katastrophe umzugehen. Panik entsteht nicht durch die Katastrophen, sondern sie entsteht durch Menschen. Sowas sollte wirklich vermieden werden.“, sagt Akiko. Der normale Alltag muss zurückkehren, die Wirtschaft muss wieder anlaufen, damit den Menschen im Norden Japans geholfen werden kann. In den Folgetagen gehen viele in der Metropolenregion Tokio einfach zu Fuß zur Arbeit. Gestrandete kommen bei Freunden unter. Und auch Parties werden wieder gefeiert, weil dann viele zusammenkommen. Musik hilft in dieser Situation, meint Akiko.
So richtig unbeschwert Spaß haben kann keiner, aber die Clubszene ist im Moment für viele eine willkommene Ablenkung und Entspannung von Chaos und Stress im Alltag. Japaner arbeiten schlicht mehr als wir, dementsprechend müde sind sie und so mancher hält gerne ein Nickerchen im Club, erzählt sie. Als kleine Stärkung wird üblicherweise Essen im Club gereicht.
Auch Akiko arbeitet fleißig weiter. Seit vier Jahren lebt und arbeitet sie in Berlin. Im Januar hat sie ihre letzte Scheibe veröffentlicht und tourt in den nächsten Wochen quer durch Europa – zum Beispiel nach Paris, Ibiza, Minsk und Klakow.
Akiko Kiyama – We Sing The World (EP 2011 – My Beer In The Shape Of A Boy; Mean Records)
Akiko im Interview
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Das Berlin auch gerne mal für einen guten Zweck feiert, ist ihr natürlich nicht entgangen. Am 8. Mai (Veranstaltungstip von BLN.FM) wird Akiko Kiyama mit vielen weiteren Künstlern aus Japan und Berlin bei der großen Benefizparty KI.ZUNA in der Maria am Ostbahnhof und dem Chez Jacki auf der Bühne stehen.
Fotos: Milan Gonzales