Jamie Woon – Mirrorwriting

Jamie Woon - MirrorwritingDie Musik wurde Jamie Woon praktisch in die Wiege gelegt. Seine Mutter Mae McKenna war eine bekannte Celtic-Folk-Sängerin und hat Backgroundvocals für Kylie Minogue, Björk oder Michael Jackson eingesungen. Insgesamt ist sie in über zwanzig Nummer-Eins-Hits zu hören! Da sie oftmals nicht wusste, wie lange sie im Studio sein würde, hat sie ihren Sohn Jamie einfach mitgenommen. Andere Kinder gingen in den Hof zum Spielen – Jamie vergnügte sich mit Mischpultreglern und Mikrofonen, immer umgeben von Musik.

So verwundert es kaum, dass er Jahre später die BRIT School besuchte. Er graduierte etwa zur selben Zeit wie Amy Winehouse, für die er später auch Support Act war. 2007 hat er mit „Wayfaring Stranger“ eine EP veröffentlicht, die unter Kritikern bereits einige Beachtung erlangte – schließlich hatte der damalige Dubstep-Geheimtipp Burial einen Remix abgeliefert. Ende 2010 wurde die erste Single „Night Air“ des aktuell vorliegenden Albums einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt und katapultierte Jamie Woon auch gleich auf Platz 4 der BBC-Liste „Sounds of 2011“. Dort werden alle Talente in einer Liste gesammelt, deren Veröffentlichungen aktuell am vielversprechendsten sind (James Blake erreichte Platz 2 auf dieser Liste).

Jetzt ist also Jamies Woons Debütalbum erschienen – und es kann die Erwartungen zwar nicht ganz erfüllen, ist aber auch keine Enttäuschung. Es besteht aus hervorragend komponierten Songs, die eher spartanisch instrumentiert sind und sich auf das Wesentliche beschränken. Den Dubstep-Einfluss hört man deutlich heraus, wenn die Grooves wie beim ersten Track „Night Air“ dem Stück den nötigen Auftrieb verpassen. Dass Jamie es auch anders kann zeigt er auf „Shoulda“, bei dem der gebrochene Beat die Melancholie beim Nachdenken über verpasste Chancen nur unterstützt.

Die Sounds sind immer sehr ausgefeilt und bilden einen Wohlfühl-Klangkosmos. Darüber klickt, zirpt oder rauscht es dezent und bleibt dabei immer auf das Wesentliche fokussiert. Groovende, peitschende Sägezahnsynthies sucht man hier vergebens, die Songs leben von dem Raum, auf den sich der Hörer einlassen muss. Dieser wird getragen von wunderschönen Flächen, die mal als Streicher daherkommen, mal als gebrochene Chöre oder als wohlgeformte Synthesizerwellen.

Wie es sich für Songwriter-Musik gehört, gilt der Stimme eine besondere Aufmerksamkeit. Die dominiert die großartigen Songs und fügt sich oft organisch ein –  oft, aber eben nicht immer. Manchmal wirkt der Gesang zu übertrieben pathetisch, zu leidend. Ja, Jamie Woon hat eine tolle Stimme und kann fantastisch singen, nur manchmal übertreibt er es etwas! Teilweise wirkt der emotionale Gesang über den reduzierten Songs geradezu überbordend. Aber „Mirrorwriting“ ist dennoch ein tolles Debütalbum geworden, dass nach James Blake dem Dubstep-Genre einen weiteren Songwriter-Entwurf hinzufügt.

Preview:

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Tracklist:

  1. Night Air
  2. Street
  3. Lady Luck
  4. Shoulda
  5. Middle
  6. Spirits
  7. Echoes
  8. Spiral
  9. TMRW
  10. Secondbreath
  11. Gravity
  12. Waterfront

(Polydor Records)