Groß, dünn und völlig unscheinbar schleift der schüchterne Londoner langsam auf die Bühne des Berghains. Die Haare hat er im schlichten Seitenscheitel aus dem Gesicht gekämmt, die Ohren stehen ab. Er setzt sich an seinen Synthesizer auf der rechten Bühnenseite. Links neben James Blake platzieren sich seine Live-Kollegen: Ben Assiter an den Drums (Drumpads, Becken und Snare) und Rob McAndrews an der Gitarre und dem Sampler. Diese bescheidene Dreierbesetzung trügt allerdings. Mit verhallt verzerrter Gitarre, catchigen Samples, effektverzerrten Drum-Einlagen, wunderschönen Piano-Melodien, einer zerbrechlichen Stimme, deren repetitiven Zeilen durch den Vocoder geschickt werden und Bässen, die nur die Anlage vom Berghain so klar und unter die Haut gehend rüberbringen könnte, überzeugte der Live-Auftritt von James Blake auch in der hintersten Reihe. Eine Besucherin meinte nach dem Konzert sogar: „Eigentlich stehe ich gar nicht auf Dubstep, aber das Konzert war unfassbar!“
Anfang des Jahres erschien das erste Album des mit hohen Erwartungen vorbelasteten James Blake. Es ist ein berauschendes Album voller Singer-Songwriter-Post-Dubstep-Nummern. Das ist zwar eine lange Genre-Beschreibung, doch nur sie passt genau darauf, was James Blake macht. Er ist ein begabter junger Songschreiber, der den Dubstep für sich entdeckt hat, ja eigentlich schon revolutioniert hat. Eine ausführliche Album-Review konntet ihr bereits hier auf BLN.FM lesen.
Live ist das bemerkbar. Es sind vibrierende Bässe, die durch die Halle und in jeden Körper dringen und gleichzeitig sind diese Bässe von melodiösem Gesang begleitet, der einem zusätzlich zum Vibrieren in allen Glieden auch noch eine Gänsehaut verschafft. Man hat wohl noch nie im Berghain einen Raum voller Menschen gehabt, die andächtig in ruhiger Pose und maximal etwas mitwippend zwischen diesen allumfassenden Bässen stehen würden.
Bei solch einem unfassbaren Konzert freut sich auch mal die Redakteurin, wenn sie mit der Setlist nachhause gehen darf. Es bleibt nur zu hoffen, dass James Blake ganz schnell wieder kommt!
James Blake spielte live am 16. April 2011 im Berghain. Wie immer war es verboten Fotos zu machen, deshalb eine kleine Skizze.