Lucy – Wordplay For Working Bees

Lucy - Wordplay for working BeesManch einem scheint das Talent tatsächlich einfach so in die Wiege gelegt worden zu sein. In vielen Fällen liegt es dann dort und niemand bekommt weiter etwas davon mit. Der Italiener Luca Mortellaro, genannt Lucy, wusste allerdings genau dies zu verhindern – sein erstes Demotape landete auf dem Tisch von James Holden. Dieser wiederum erkannte das vorhandene Potential sofort und vermittelte weiter an Raphaël Rippertons Label Perspective, wo Lucy auch kurze Zeit später im Jahre 2007 die erste Platte veröffentlichte.

Was bis hierhin schon wie der Wunschtraum eines jeden Nachwuchskünstlers klingt, sollte allerdings vorerst nur der Auftakt sein. Nach anfänglich melodischerem Tech-House wie auf „Meerestief“ entwickelte Lucy einen immer düsterer werdenden Stil, welchen er auf dem 2009 selbst gegründeten Label Stroboscopic Artefacts weiterhin ausbaute. Mittlerweile gehört Lucy mit Releases auf CLR oder Mote Evolver ebenfalls zu den ganz heißen Eisen des Techno, den er gern mit IDM oder Dub-Elementen stillistisch breit gefächert hält. Verstärkt schlägt er diese Richtung auch auf seinem Debütalbum „Wordplay For Working Bees“ ein und erweitert somit den Sound des eigenen Labels recht stimmungs- und eindrucksvoll durch nahezu epische Klangwelten.

„Wordplay For Working Bees“ ist in erster Linie ein technoides Konzeptalbum, das nicht direkt für den Club gedacht scheint. Obwohl Titel wie „Bein“, „Lav“ oder „Eon“ von treibenden Breakbeats dominiert werden, handelt es sich insgesamt doch eher um ein unsagbar finsteres und abstraktes Ambient-Album. Bereits nach wenigen Sekunden wird deutlich, dass wuchtig wabernde Bässe, umherflirrende Hi-Hats und ein Klangteppich, der dem Hörer kalte Schauer über den Rücken jagt, im Fokus des ersten Stroboscopic Artefacts-Albums stehen. Drones und mystische Vocals eröffnen dabei ein dystopisches Endzeit-Szenario.

Auf die Struktur jedes einzelnen der elf Stücke des zirka einstündigen Werkes einzugehen, erscheint schwierig. Abgesehen vom Intro bauen sich sämtliche Titel langsam und fast ausnahmslos ohne einprägsame Melodien auf, was anhand vieler kleiner Effektspielereien allerdings nie langweilig wird. Lucy gelingt es vielmehr, die klassischen Techno-Elemente so clever zu kombinieren, dass trotz ähnlicher Vorgehensweise mit jedem Track ein völlig neues Konstrukt erzeugt wird. Die dichten Arragements enthalten zwar durchweg maschinell erzeugte Klänge, wirken aber dennoch organisch. Überhaupt verliert man sich in den Stimmungen der Titel zumeist so schnell, dass ein analysierendes Auseinanderpflücken nicht nur unmöglich, sondern auch unnötig erscheint.

Gegen Ende der zweiten Hälfte des Albums sorgen stehende Flächen und bis zur Unkenntlichkeit zerfilterte Percussions dann gar für eine gewisse Wärme („Mas“), bis man beim förmlich erlösenden Outro „Ter“ ankommt. Mit eben diesem hat Lucy sich einfach nur selbst übertroffen! Das einzige der elf Stücke mit richtiger Melodieführung entlässt den Hörer in ein Gefühl der Hoffnung: die Welt der Maschinen ist überstanden. Zwar erfindet er dabei keinen neuen Stil und eine gewisse Anlehnung an Künstler wie Autechre lässt sich insbesondere dem IDM-Schmuckstück „Ter“ nicht absprechen. Dennoch katapultiert Lucy sich mit „Wordplay For Working Bees“ eindrucksvoll in eben deren Liga.

Preview:

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Tracklist:

  1. Thear
  2. Tof
  3. Bein
  4. Gas
  5. Lav
  6. Eis
  7. Torul
  8. Eon
  9. Es
  10. Mas
  11. Ter

(Stroboscopic Artefacts)