Bodi Bill über Album, Tour und… Frequenzen!

bodi_bill_popmatMitte März ist ihr drittes Album „What?“ auf Sinnbus erschienen (zur Review geht’s hier entlang). Die Single „Brand New Carpet“ läuft bereits auf (Pay-) MTV. Nun folgt Bodi Bills große Tour quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Die Konzerte im Lido wurden aufgrund der großen Nachfrage zu insgesamt vier Abenden ausgebaut, die mittlerweile alle restlos ausverkauft sind (siehe unseren Konzerttipp). Es geht also gegenwärtig ganz schön ab für die drei Berliner –  zu recht. Wir sprachen mit Sänger Fabian Fenk, Multiinstrumentalist Alex Stolze und Sequenzer Anton Feist über „What?“, die Tournee und erfuhren einiges mehr über Frequenzen, Mord und das Leben als Musiker in Berlin.

Interview:

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Ihr wurdet zwar schon schnell innerhalb Erscheinen der ersten beiden Alben „No More Wars“ und „Next Time“ zum Geheimtipp – seid ihr nicht dennoch selbst überrascht oder überwältigt vom durchschlagenden Erfolg Eurer dritten Platte „What?“, inklusive der vier anstehenden Konzerte?

Fabian: Naja, wir freuen uns, aber ich glaub wir haben das Gefühl, dass es immer noch ein natürlicher Rahmen ist, das es irgendwie ganz angenehm gewachsen ist und dass da keiner was hinzudichten musste, sondern dass die Leute jetzt wirklich kommen, weil sie sich an die Mucke gewöhnt haben oder sie mögen.

Und wie kommt es, dass es gleich vier Konzerte sind und nicht ein großes, wie zum Beispiel in der Columbiahalle mit 2.000 bis 3.000 Leuten?

Alex: Da haben wir heute noch mal drüber gesprochen, wir möchten einfach den Rahmen noch eine Weile ein bißchen intimer halten. Wo man die Leute auch noch spüren kann.

Ihr spielt aber eine gute Woche vorher ein DJ-Set im Rahmen der Krakatau-Labelnacht im Tape, Eurem „Kreativlabel“ sozusagen, auf dem ihr in Eigenregie erste Sachen veröffentlicht habt und nun aber auch Fremdkompositionen aufnehmen wollt. Könnt ihr euch längerfristig vorstellen, ein eigenes Label aufzubauen und weniger live zu agieren?

Alex: Es geht eigentlich nicht darum, etwas weniger zu machen, es geht eher darum, dass man da noch mal einer Sache ein Zuhause gibt, die bisher noch nicht so richtig ausgelebt wurde. Und wir haben im letzten Jahr so viel aufgelegt und so viele tolle Tracks gehört von Leuten, dass wir einfach gesagt haben, die müssen wir jetzt rausbringen. Und klar haben wir auch vor, damit längerfristig etwas anzugehen, (wir) machen das so gut wir können, aber die Liveshows werden darunter nicht leiden.

Wie froh seid ihr denn über eure aktuelle langjährige Zusammenarbeit mit Sinnbus, dem Bandkollektiv, Plattenlabel und Musikverlag? Käme für euch auch in Frage, zu einem Major zu wechseln?

Fabian: Mit Sinnbus ist es für uns einfach sehr entspannt, weil wir da eine direkte Kommunikation haben und uns, wenn tatsächlich mal Probleme auftauchen, uns nicht irgendwie verstecken müssen. Wir sind da auf Augenhöhe und das ist für uns halt das Allerwichtigste. Also es ist eher ein Heim als eine große Firma für die man dann arbeiten würde. Es ist wirklich ein Miteinander und mehr brauchen wir glaube ich erstmal nicht.

Ich habe in einem Interview aufgeschnappt, dass das zweite Album „Next Time“ die logische Konsequenz des ersten sei, Zitat: „Der kindliche Wunsch, dass die Welt gut werden könnte, hat sich in dem einen Jahr nicht erfüllt, aber wir hoffen, dass es beim nächsten Mal klappt.“. Nun ist „What?“ zumindest textlich gesehen noch düsterer geworden, seid ihr trotzdem noch hoffnungsvoll?

Alex: Ich finde es gar nicht so düster. Also es spricht die Sache vielleicht manchmal konkreter an und da ist diese Mörderfigur, die auftaucht. Insgesamt ist es doch, denke ich mal, musikalisch betrachtet ein sehr zukunftsfroh stimmendes Album. Aber es ist auch hinterfragend.

Also im ersten Song „Paper“ heißt es ja, dass sie Sonne nur vorgibt da zu sein, obwohl sie gar nicht da ist. Und in einem anderen Song heißt es „Ein Messer ist immer noch ein Messer, auch wenn es in der Brust steckt“ und so weiter. Das ist doch schon relativ kritisch.

Fabian: Das ist eine gute Frage. Den Text erklären will ich jetzt nicht, aber ich meine, mir geht es dann tatsächlich so, das sind für mich zwei verschiedene Ebenen. Das eine ist so die gesamte Platte, als Ganzes, und ich glaube für uns ist das was Positives und Zukunftsgewandtes, weil wir uns, glaube ich, doch jetzt ein Stück weit gefunden haben und uns jetzt darüber auch definieren können. Das ist nicht so eine Art von „Link“-Musik – klingt wie das und klingt wie die – sondern ich finde, es klingt wie wir.

Und die ganze Textebene, das ist ja so diese narrative Ebene, dieses Lyrische, das ist natürlich immer noch viel Fantasie und stimmungsbezogen und -abhängig. Und das sind dann zum Teil auch Traumsituationen oder sowas. Und insofern dann eher ein Ventil, als dass ich da jetzt prinzipiell sage, „Ach, schlimm, dass es immer noch Mörder gibt.“. Es wird immer Mörder geben und ich bin einfach fasziniert davon und dann gibt’s halt den Song zu ’nem Mord oder so. Aber unsere Musik an sich, die ist, denke ich, positiv, aus irgendeinem Grund. Ich weiß nicht wieso, vielleicht kommt es uns nur so vor.

Auf jeden Fall steckt sehr viel Liebe zum Detail drin und Maßarbeit. Wo kommen  die Ideen her und die Muße, das alles so perfekt hinzukriegen?

Alex: Hier gibt es so einen generell kritischen Geist in der Band, das heißt, die Ideen sind da, die sprechen an oder sprechen nicht an, und wenn sie ansprechen geht’s weiter und dann wird sich einfach nicht zufrieden gegeben. Und deshalb klingt es am Ende auch so wie es klingt, nämlich ziemlich aufgeräumt.

Bodi Bill IV1Und was ist euer persönlicher Lieblingssong der Platte?

Alex: Gerade ist es „And Patience“. Ich wache nachts immer um drei auf und höre immer diese Textzeile „You better be the man“.

Fabian: Ich kann es nicht sagen. Also, ich habe einmal schon auf diese Frage geantwortet, in einem anderen Kontext, und da habe ich erklärt, dass ich definitiv alle paar Wochen einen anderen Lieblingssong hatte, als wir die Platte gemacht haben. Aber jetzt wo sie fertig ist, sind maximal die Songs Lieblingssongs, die beim letzten Konzert geil waren. Da war zum Beispiel beim letzten Konzert „Friends“ total super, also würde ich jetzt gerade sagen: „Friends“. Aber wahrscheinlich ist nach dem nächsten Konzert ein anderer Song gerade total super gewesen und dann ist das mein Lieblingssong.

Alex: Stimmt, das ist sehr abhängig von der Situation oder was man gerade erlebt hat mit den Stücken. Und das ist eigentlich auch schön, weil dadurch sind das so was wie Freunde, die man gerne sieht und mal hat man mit dem einen ein intensiveres Gespräch – ich hab’s gerade mit „And Patience“ und du gerade mit „Friends“ – und mal mit dem anderen.

Anton: Bei mir ist es echt ähnlich, aber ich hab jetzt gerade echt darüber nachgedacht und ich glaube es ist gerade „What?“, also der Titelsong.

Wie kann man sich den Entstehungsprozess vorstellen?  Seid ihr dieses Mal wieder auf’s Land gefahren um Euch komplett der Musik zu widmen? Wenn nicht: Wie war es dieses Mal?

Alex: Hier unten im Keller. Dieses Mal war wirklich fast alles in diesem Raum und okay, die finale Mischung und das finale Recording wurde dann nochmal im Studio gemacht bei Anton. Aber sonst war es dieses Mal absolut Berlin-Zentrum-geprägt.

Berlin ist ja auch ein musikalisches und kulturelles Mekka und übt großen Einfluss auf die restliche Welt aus. Wie seht ihr euren Standpunkt darin oder euren Anreiz, hier Wurzeln zu schlagen und hier in diesem Umfeld zu agieren?

Fabian: Also ich muss sagen, dass es schon ein Ziel wäre, dass man auch so seinen Teil beiträgt. Letztlich sind wir ja aus Berlin und fühlen uns irgendwie natürlich auch ein Stück weit verwurzelt. Auch wenn man dem immer kritisch gegenüber stehen muss, was so als „Berlin“-Label ständig am laufenden Band so ein bißchen hirnlos exportiert wird. Aber wir haben es gerade schon einmal gehabt, dieses Sammelsurium aus verschiedenen Einflüssen, was man dann zu einer neuen Kombination verbaut, was in unserer Musik auch viel vorkommt, so dieses Eklektische, das wäre eine schöne Sache für Berlin. Das wäre was, was ich mir persönlich wünschen würde. Weniger dieses absolut Minimale, sondern eher dieses sehr Offene: „Open-mindedness“, also „Aufgeschlossenheit“; das Offene gegenüber verschiedenen Stilen. Aber eben etwas Neues daraus formulieren. Ich finde, das würde der Stadt auch entsprechen und es wäre eine total schöne Sache, wenn man das in den nächsten zehn Jahren so erleben könnte.

Aber ihr bekommt ja jede Menge Input, fällt es da nicht schwer, sich abzuschotten, sich auf sich selbst zu konzentrieren? Wenn man hier in Berlin alles aufnimmt und produziert?

Alex: Naja, man muss ja nicht so viel rausgehen, man kann ja eigentlich die ganze Zeit hier im Studio bleiben. Also wir kommen ja kaum dazu uns viele andere Sachen anzuhören hier in der Stadt. Meistens eher außerhalb; also die Inputs, die wir mitbringen, kommen dann oft von ganz woanders.

Von wo zum Beispiel?

Alex: Ich habe mir gerade in Paris eine Platte gekauft, die man hier gar nicht so kriegt. Oder wenn man halt Leute trifft, auf einem Festival.

Fabian: Also mal in einen Plattenladen gehen ist schon okay, sich mal umgucken und was kaufen, das passiert schon auch noch bei mir. Aber ich glaube es ist eher so ein Gefühl, die Stadt bietet da eher so etwas was herumschwirrt. Dass man genau eine andere Band kopieren würde, ich glaube, das ist auch nie unser Ansatz gewesen, um Gottes Willen. Also das ist eher so etwas Ätherisches.

Ihr seid ja auch eine Liveband, das sieht man auch an der großen Tour, die jetzt folgt. Und von dem, was man bisher gehört und gesehen hat. Ihr spielt ja auch mit visuellen Reizen, also mit Leinwänden und Visuals. Habt ihr irgendwas konkret geplant, was ihr verraten würdet?

Fabian: Ja, also wir haben das ein bißchen erweitert, es gibt jetzt wieder diese Visual-Beamer-Idee, erweitert aber auch durch Kostüme und Kulissen, also dieses Vielschichtige noch ein bißchen erweitert. Vielleicht die Visuals aufgreifen, was wir gerade in unseren Händen hochhalten oder sowas. Natürlich machen wir auch Musik, aber es ist dieses teilweise etwas zeigen und teilweise etwas gezeigt bekommen. Ich hoffe, dass es eine schöne Erweiterung ist von dem, was wir im letzten Jahr auch schon angefangen haben.

Bodi Bill IV2Und der Ruhm wächst ja stetig an, hat das seine Konsequenzen und Auswirkungen für euch, spürt ihr da irgendwas, Veränderungen?

Alex: Wir sind immer noch der großen Hoffnung verfallen, als Musiker unser Dasein zu fristen und das kriegen wir dann vielleicht wirklich hin.

Also könnt ihr dann auch bald davon leben oder könnt ihr es vielleicht schon seit einer Weile?

Alex: Gerade noch nicht, mal ja, mal nein, vielleicht schafft man das jetzt mal mit dem nächsten Schritt.

Wie könnte der nächste Schritt aussehen? Noch ein Album, das noch mehr einschlägt als das?

Fabian: Ich weiß es auch nicht. Ich glaube ja, es wird einem in allen Berufen so gehen, also dieses „Ich habe meine nächsten zehn Jahre im Griff“, das ist schon ein großes Ziel mittlerweile in dieser Gesellschaft. Wir können jetzt vielleicht über unser nächstes Jahr reden, und hoffen, dass wir dann nicht die ganze Zeit Geld borgen müssen. Aber mehr traue ich mir echt nicht zu.

Alex: Mehr kann man in dem Moment auch gar nicht sagen, weil wenn ein Album raus ist, ist für uns erstmal ein Riesenbatzen Arbeit zu Ende gebracht worden. Und draußen wird das jetzt so wahrgenommen, dass es schon immer da war, aber es war nicht immer da. Und jetzt fangen wir an, damit zu arbeiten, indem wir das live präsentieren in den Städten und hoffen, dass viele Leute zu den Konzerten kommen. Überall, nicht nur in Berlin, wo die Konzerte übrigens alle ausverkauft sind.

Fällt euch ein, was ich euch fragen könnte?

Alex: Welche Frequenz ist für euch die wichtigste?

Im Zusammenhang mit der Frequenz an sich oder mit Radiofrequenzen?

Alex: Mich würde ja mal interessieren, ob da ein Zusammenhang besteht, also kann man die einfach hochrechnen? Wenn ich jetzt zum Beispiel eine Stimmgabel nehme, 440Hz, und die dann hochrechne, mal 2, nochmal mal 2, und so weiter – komme ich dann da irgendwann auf eine Radiofrequenz, und dann – mag ich den Sender? Keine Ahnung.

(Transkript: Yumiko Pohl)