Vom 13.-15.4.2011 fand die re:publica XI-Konferenz im Berliner Friedrichsstadtpalast statt. Auf der Veranstaltung reden Blogger, Visionäre und Wissenschaftler über die gesellschaftlichen Veränderungen, welche sich durch das Internet und die Digitalisierung des Alltags ergeben. Wie erlebten die BLN.FM-Besucher 2011 dieses Paralleluniversum?
Zuerst: die Veranstaltung richtet sich eindeutig an die Internet-Avantgarde, oder zumindest die, die sich darunter verstehen. Da gehören gewisse Statussymbole dazu. Wer ohne einen iPad oder Smartphone rumlief kam sich schon irgendwie deplatziert vor. Wenn man nicht mal einen Laptop hatte, sondern sich mit Papier und Stift Notizen machte, wurde man leicht schräg angeschaut.
Dummerweise scheinen aber die vielen elektronischen Helferlein beim Organisieren der re:publica ihren Zweck nicht erfüllen zu können. Denn es gab zwar ein öffentliches WLAN, aber das war am ersten Tag praktisch nicht benutzbar – ganz schön arm für eine Veranstaltung, die sich um gesellschaftliche und technologische Aspekte des Internets dreht. Im Netz war in den Tagen vorher ein Plan, welcher Redner wann und wo spricht – aber vor Ort war dann alles anders. Innerhalb von 48h hat sich dieser Plan so stark geändert, dass manche Vorträge nicht mal mehr am angekündigten Tag stattfanden. Man hätte ja ins Netz schauen können, was sich geändert hat – wenn es denn funktioniert hätte. Glücklicherweise lief das Netz dann am zweiten und dritten Tag mehr oder weniger stabil, was man von der Vortragsplanung nicht sagen kann. Dumm, wenn man 12 Uhr ankommt, um sich einen Vortrag anzuschauen, um dann herauszufinden, dass der bereits 10 Uhr stattfad. Flexibilität in allen Ehren, aber ein wenig Planungssicherheit wäre wirklich toll gewesen.
Dafür war das gebotene Programm wieder sehr vielfältig und streifte praktisch jeden Bereich der digitalen Lebenswelt. Ein großes Thema war dabei die Rolle der sozialen Netzwerke bei den Revolutionen in Nordafrika. Ist das die Zukunft des Protests? Gegenthese: in der Zukunft geht niemand mehr auf die Straße, sondern demonstriert online – ein Mausklick ist einfach bequemer. Besonders herausgestellt wurde dabei die Rolle von Twitter, dass sich als fantastisches Werkzeug erweist, um sich zu organisieren, Nachrichten zu veröffentlichen oder Karten aus Katastrophengebieten zu erstellen. Erschreckend waren hingegen Berichte, wie Diktatoren und Regierungen mit teilweisen harschen Methoden versuchen, sich gegen diesen Informationsfluss zu stemmen und ihn zu kontrollieren. Aber auch hier gibt es schon Gegenstrategien: Wikileaks und OpenLeaks! Openleaks ist eine neue Plattform, die das Weitergeben geheimer Dokumente aus den verschlossenen Kreisen an die Öffentlichkeit erleichtern soll. Neudeutsch nennt sich das Whistleblowing. Sie wurde von Daniel Domscheit-Berg vorgestellt, dem ehemaligen Wikileaks-Sprecher. Für mehr Transparenz im Umgang mit Daten in Deutschland setzt sich auch Peter Schaar ein, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Wie sich die erzwungene Offenheit auf die „traditionellen“ Medien und den Journalismus auswirkt, diskutierten Schaar, Domscheit-Berg mit den Kommunikationswissenschaftlern Lutz Hachmeister und Horst Pöttker – ohne größere Meinungsverschiedenheiten.
Viele Themen streiften viele unterschiedliche Felder. Doch dem Journalismus im Internet galt dabei besonderes Augenmerk – gleich mehrere Vorträge beschäftigten sich damit. Geredet wurde über Lokaljournalismus, Podcasts und die Aufbereitung von statistischen Daten zu sexy Informationen.
Daneben gab es am letzten Tag noch eine eigene Konferenz, die sich nur dem Thema Crowdfunding widmete. Das gesamte Programm war so vollgepackt, dass man sich manchmal wünschte, sich klonen zu können. Alles mitzunehmen was einen interessiert, war schier unmöglich. Gerade diese Vielfalt macht die re:publica als Ideengeber und Diskussionsforum, als Richtungsweiser und Bühne zum Vorstellen interessanter Projekte unentbehrlich – genauso wie das Internet heutzutage.
Im Laufe der kommenden Tage werden wir Interviews zu einigen der Themen auf BLN.FM veröffentlichen.
(Fotos: re:publica Flickr Fotostream)