Ja, das ist so eine Sache in der Musik: Man kann einfach nicht davon lassen, das Vergangene nocheinmal aufzuarbeiten. Warum auch nicht. Einfach ein „Neo-“ vor die betreffende Stilrichtung geklebt, die Musik auf die eigene Zeit angepasst und meistens kommt sogar was Gutes bei raus.
Wovon wir hier sprechen ist Neo-Synthiepop, oder einfach ein sich quer durch die Musikwelt spannendes Eighties-Revival. Medienwirksam eingeleitet mit Duck Sauces „Barbara Streisand“ entdecken viele Musiker den Charme der alten Musik und Geräte aus den Achtzigern wieder und bedienen sich kräftig bei den Altmeistern.
Auf diesen Zug sind jetzt auch die nunmehr nur noch zu fünft aktiven Australier Architecture in Helsinki aufgesprungen. Nachdem ihr letztes Album „Places Like This“ aus dem Jahr 2007 den ganz eigenen AIH-Charme – sprich konstruktive Durchgeknalltheit – mit einer fast schon erdrückenden Stil-, Instrumenten- und Klangfülle auf die Palme trieb, kommt nun „Moment Bends“ als eher ruhige Hommage an den Synthiepop der Achtziger Jahre daher.
Die Musik wirkt erwachsener, strukuturierter und vom Sound her abgeschliffen. Gibt man dieser Entwicklung eine Chance und hört sich rein, erkennt man immer noch die Macher und ihr Können dahinter, welches sich in einer wirklich authentischen Nachahmung des Mutter-Genres bei gleichzeitig erstaunlicher Variations- und Stilfülle äußert.
Die äußersten beiden Tracks „Desert Island“ und „Escapee“ erinnern mit ihrem sympathisch fröhlichen Synthieklängen und Gitarrenriffs noch sehr an die frühen Alben, das funkige ist hier jedoch schon erhörbar und dann gehts auch schon ab in die Achtziger: Die obligatorischen Streicher, die funkige Gitarre oder ein Piano-Bett bringen die nötige Stimmung. Der Gesang ist melodiös, so ist „W.O.W.“ eine wirklich schöne Ballade, gesungen von Kellie Sutherland.
„That Beep“ und „Contact High“ sind dann aber schon ganz tief drinnen. Da stimmt alles: Der Anfang von „Contact High“ ist eng angelehnt an den Prince-Hit „Kiss“ von 1986. Wir tauchen vollkommen ab in die Tiefen der etwas rauhen Klänge der Synthesizer von damals. Immer wieder schieben sich Momente wie aus der frühen Disco-Welle oder soulige Elemente ein. „Denial Style“ erinnert dann schon fast an den King of Pop. Trotzdem bleibenn Architecture in Helsinki immer noch erkennbar und bringen auch den einen oder anderen gitarrenlastigeren Song wie „Sleep Talkin‘ “ mit ein.
„Moment Bends“ erscheint für mich als ein logischer nächster Schritt nach „Places Like This“. Irgendwann ist das was Architecture in Helsinki so einzigartig macht nicht mehr steigerbar. Dabei ist ihr nunmehr viertes Album kein Rückschritt sondern einfach etwas ganz Neues. Nichtsdestotrotz gut gemacht- mit Tiefe, Unterhaltungs- und auf jeden Fall nostalgischem Wert.
Preview:
[podcast:]http://media.bln.fm/media/audio/previews/architecture_in_helsinki_moment_bends_preview.mp3[/podcast]
Tracklist:
- Desert Island
- Escapee
- Contact High
- W.O.W
- YR Go To
- Sleep Talkin‘
- I Know Deep Down
- That Beep
- Denial Style
- Everything’s Blue
- B4 3D