Die Ironie des David Černý

David Černýs "Miminki" klettern den Prager Fernsehturm hoch. Foto: www.fistofblog.comDer Skandal liegt ihm im Blut wie keinem anderen tschechischen Künstler: David Černý, der ewig böse Junge der Prager Kunstszene, gibt gern den Provokateur. Sei es, indem er ganz Europa in seinem kontroversen Werk Entropa für die EU-Ratspräsidentschaft Tschechiens 2009 auf die Schippe nimmt, Sigmund Freud in einer Straße über die Köpfe der Passanten hängt oder riesige Babys wie Ameisen den Prager Fernsehturm hochklettern lässt; bei Černýs Werken sieht man mindestens zwei Mal hin. Und spätestens dann, wenn Empörung oder Belustigung abgeklungen sind, könnte dem Betrachter die Ironie bewusst werden, mit der Černý seine Kunst würzt. Wer diese Zutat nicht herausschmeckt, versteht den Mann in Schwarz nicht. Wobei das Unverständnis beziehungsweise Verständnis seiner Kunst Černý heute weniger anhaben kann, als noch vor einigen Jahren. Er landete im Gefängnis, als er ein Panzer-Denkmal rosa übermalte und dadurch die Befreiung der Tschechoslowakei durch die Sowjetunion lächerlich machte. Politisch Furore macht seine Kunst heute dennoch: Sein gefesselter, in Formaldehyd eingelegter Saddam Hussein, eine Anspielung auf den Damien Hirsts Hai im Tank, wurde von Ausstellungen in Belgien und Polen entfernt.

Was viele jedoch nicht wissen ist, dass es einen zweiten Saddam in einem Kinositz an der Decke des Clubs in Černýs Meet Factory gibt, der demnächst eher nicht von einer beleidigten Regierung entfernt werden kann. Wir besuchten Černý in dem ehemaligen Fabrikgebäude, das nicht nur Geheimtipp szenesicherer Prager ist, sondern auch Künstlerresidenz, Kino, Studio, Theater, Club, Café und Galerie zugleich. Bei einem oder vielleicht auch ein paar mehr selbstgebrauten tschechischen Bierchen verriet er uns, wie er Frauen dazu verhalf, per SMS den männlichen Pissstrahl zu kontrollieren, was passiert, wenn Obama mit Sarkozy Sex hat und ob man Erfolg in Sperma messen kann. Und natürlich brannten wir darauf zu erfahren, was Černý von Berlin hält und ob man ihn bald auch hierzulande antrifft.

BLN.FM-Redakteurin Agata Waleczek traf David Černý, dessen Skulpturen in ganz Prag zu finden sind, zum Interview in seiner Meet Factory in Prag.

 

Das komplette Interview könnt Ihr Euch hier anhören:

http://soundcloud.com/bln-fm-interviews/david-cerny-interview-20110413

 

Die Meet Factory in Bildern

Die Meetfactory von Außen. Foto: Hanmin Jung

Installation in der Galerie der Meetfactory. Foto: Hanmin Jung

Eingang zum Club in der Meet Factory. Foto: Hanmin Jung

Videoinstallation in der Meet Factory. Foto: Hanmin Jung

Saddam Hussein an der Decke des Clubs in der Meet Factory. Foto: Hanmin Jung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Meet Factory, Ke Sklárně 15, 150 00 Praha 5, Tram: Lihovar

Fotos (bis auf Nr.1: www.fistofblog.com): Hanmin Jung

Neben der Meet Factory sind David Černýs Pissing Men vor dem Kafka Museum in Prag auf jeden Fall einen Abstecher wert:

https://www.youtube.com/watch?v=DeNKGaAF5cs