Ritualz – Ghetto Ass Witch

Ritualz - Ghetto Ass WitchHexen müssen nicht böse sein. Aber sicher würde sich kaum ein Blog und schon gar kein Musikmagazin für ein Musikgenre interessieren, das sich auf kleine kinderweltverbessernde Hörspielhexen wie Bibi Blocksberg bezieht, anstatt ein weitestgehend in Vergessenheit geratenes Phänomen wie Okkultismus kulturell zu reanimieren. Gutmütigkeit hält die Hypemaschine wohl kaum am Laufen, außerdem ist das bestimmt nur Ironie. Das nennt man Postmoderne.

Dass der Zusammenhang zwischen Zeichen und Bedeutung ein willkürlicher ist, lässt sich auch am Beispiel des Bandprojekts †‡† demonstrieren, denn die zwei aufrechten Kreuze mit dem Zwitter in der Mitte (auch bekannt als Lothringer Kreuz) wird „Ritualz‟ ausgesprochen. Das Namensrätsel als Spektakel erzeugt Aufmerksamkeit und trennt die Insider von den Unwissenden, doch ob bei all der erregten Aufmerksamkeit überhaupt noch Platz für Ernstgemeintes bleibt, bleibt zunächst eine offene Frage. Zum Beispiel ob man die aufdringlichen Sounds, die als Synthesizer-Presets wohl unter Namen wie „Trance Lead‟ zu finden sein dürften, tatsächlich für wohlklingend bzw. für ein adäquates musikalisches Ausdrucksmittel hält. Oder ob Satan wirklich als Einfluss herhalten durfte und wenn ja, wie genau das dann vor sich ging.

Die Namen der Lieder auf der Ende Februar 2011 erschienenen EP „Ghetto Ass Witch‟ beziehen sich vor allem auf okkulte Magie und Mystik und verbinden diese manchmal mit Hip-Hop-Prolltum. Da wird im Titelstück die Ghetto Ass Bitch schnell mal umgewandelt in eine Zauberin mit großem Hintern, oder man widmet den „Big Magick Hustlas‟ ein Lied. Und gibt es einen Text, dann wird er als Sprechgesang vorgetragen, der aber meistens zu sehr gegrunzt wird, als dass man sich dabei besonders an Rap erinnert fühlt. Andere Titel wiederum beziehen sich auf berühmte Hellseherinnen („Baba Vanga‟) oder auf Geisterstädte („Bodie‟).

Die Musik erinnert in ihren besten Momenten („Third Eye Sixth Sense‟) und manchmal auch in den semi-guten („Baba Vanga‟) an eine bösere und weniger verspielte Version von Crystal Castles. An anderer Stelle wiederum wird die Trance-Keule geschwungen („Laguna‟) und den Höhepunkt der Boshaftigkeit erreicht die EP, als bei „Star Magick‟ sogar auf eine technoide Doublebass geknüppelt wird. Trotzdem könnte man nach intensiverer Beschäftigung mit den acht Stücken zu der Erkenntnis gelangen, dass Hexen manchmal doch nur missverstandene Wesen waren; auch dass in manchen mysteriösen Melodien einiges an Melancholie steckt, selbst wenn sie einen eher an Horrorfilmsoundtracks erinnern. Und vielleicht sind manche Menschen auch nur böse, weil sie zu traurig zum Lieb sein sind. Aber daran muss man schon wirklich glauben wollen.

Preview:

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Tracklist:

  1. Ritualz
  2. Baba Vanga
  3. Ghetto Ass Witch (feat. Gvcci-Hvcci)
  4. Bodie
  5. Big Magick Hustlas
  6. Third Eye Sixth Sense
  7. Laguna
  8. Star Magick