Soll mich doch Goya…

Auf einem Kunstrasen dahingefläzt meckert sich ein komisches Männchen in einem Fellkostüm einen ab. Seine Kinder wollen lieber nach Disneyland als in den Prado einbrechen, um sich die Gemälde alter Meister zu anzusehen. Verwunderlich? Nicht wirklich. Doch einem intellektuellen Aktivisten-Proleten muss so etwas egal sein. Und genauso jemand ist der angespannte Protagonist, der sich in den Kopf gesetzt hat, seine 2000€ an Erspartem für eine Reise in einem Taxi nach Madrid auf den Kopf zu hauen, bei der er Drogen, Alkohol und den Philosophen Peter Sloterdijk mit an Bord nimmt.

Und so treibt die verzweifelte Sorge um bildungsbürgerliche Werte, die Bibliothek im eigenen Haus, dann auch in die Vulgärsprache und ein immer dünner werdendes Nervenkostüm. Hardcore-Techno, Stroboskoplicht und Nebelmaschinen sind da willkommene Mittel, um das Publikum wachzurütteln. Wie man das macht, weiß Regisseur Rodrigo García ganz genau: 2009 hat ihm das eine Anzeige aus Polen wegen Tötung eines Hummers auf der Bühne eingebracht. „Soll mir lieber Goya den Schlaf rauben als irgendein anderes Arschloch“ ist da wesentlich tierlieber, nur Mickey Maus kommt zu Schaden.

Das Stück setzt darauf, Unpassendes miteinander zu verknüpfen und versucht so, der absurden Handlung den Witz abzupressen. Das gelingt ihm auch oft. In knackigen 1:10 Stunden sehen wir dem Mann im Fellkostüm dabei zu, wie er Tabus bricht, die den Zuschauer peinlich berührt zusammenzucken lassen. Sollen die Kinder doch ihren ersten „richtig geilen Fick“ haben, Frauen sind eh nur willige Schlampen. Neben solchen billigen verbalen Provokationen als Aufmerksamkeitsgaranten hat „Soll mir lieber Goya…“ jedoch auch einige edle, fast philosophisch anmutende Momente; eigentlich immer dann, wenn die Verzweiflung des Protagonisten über den intellektuellen Werteverfall in poetischen Bildern inszeniert wird. Und großartig sind natürlich auch die Szenen mit dem verkopften Sloterdijk.

Unterhaltsam, nervig und ziemlich verrückt: Merkmale, mit denen das Theaterstück sicher noch einige Besucher in die Schaubühne locken wird.

Soll mir lieber Goya den Schlaf rauben als irgendein anderes Arschloch: nächste Vorstellungen am 24.-27. März 2011 täglich um 20:00h

Schaubühne am Lehniner Platz, Kurfürstendamm 153, Berlin-Charlottenburg, U-Bahn: Adenauer Platz, S-Bahn: Charlottenburg, Halensee