Konzertmitschnitte sind ja immer so eine Sache. Was bei irgendwelchen Rocklegenden noch interessant sein mag, weil beispielsweise der Gitarrist tagesformabhängige Improvisationen zum Besten gibt, gerinnt auf dem Felde der elektronischen Musik oftmals zu zweidimensionalen Angelegenheiten, die nicht so recht begeistern können. Immerhin entsteht der Reiz eines DJ-Sets durch die Interaktion des Künstlers mit seinem Publikum – und die Atmosphäre auf der Tanzfläche lässt sich eher selten mit auf die Platte pressen.
Mathias Schaffhäuser hat es trotzdem gewagt und eine Idee umgesetzt, die ihn wohl schon länger umtrieb: „In Concert“ ist eine geschickt gemischte Zusammenstellung von Live-Mitschnitten aus vier Städten – Leipzig, Berlin, Mumbai und – aha! – Ingolstadt. Dass die elf Tracks nicht am selben Ort aufgenommen wurden, bemerkt man jedoch nicht, denn das Album läuft sehr homogen durch; gelegentlich schwappt der Sound der Menge in das Set hinein und man hört die (sehr dezent angebrachte) Begeisterung der internationalen Dancefloors im Hintergrund.
Auch musikalisch verfolgt Schaffhäuser eine Linie: Ungebrochen heizt das Album ein, über 70 Minuten lang wird der Hörer mit leicht angetrancten 4/4-Takten beschallt. Ein Erbarmen gibt es nicht, kein Break, keine unerwartete Wendung gönnt dem Tanzwilligen eine Pause. Überraschungen gibt es trotzdem, denn eine Handvoll interessant obskurer Sprachsamples und verspulter Vocals, die auf die breiten Flächen und die zurückhaltend flimmernden Synthies gebettet werden, bringen immer wieder neue Impulse in den kontinuierlichen Flow. Besonders gelungen ist das in Track 6, in dem das Grundmotiv eines äußerst bekannten Popklassikers variiert wird, was wiederum mit dem Titel des Stücks – „No Reduction“ – korreliert. Auch die Mundharmonika (!) in Track 5 ist erwähnenswert – und natürlich werden auch die Erwartungen derjenigen befriedigt, die sich an Schaffhäusers Hit-Remake von „Hey Little Girl“ nicht satt hören können.
„In Concert“ ist eindeutig eine Platte für das heimische Vorglühen, für das Tanzvergnügen im privaten Rahmen oder aber für Leute, die sich auch tagsüber nach der Großraumdisco sehnen. Im richtigen Kontext dürfte sie wunderbar funktionieren, denn dann entsteht die eingangs erwähnte Set-Atmosphäre wie von selbst. Außerhalb dieses Rahmens hört sie sich trotzdem noch gut weg, bleibt jedoch naturgemäß etwas flach. Aber es kann schließlich auch nicht jedes Wohnzimmer wie Ingolstadt sein.
Preview:
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Tracklist:
- Nice To Meet You (feat. Elements of „Graupause“)
- m².02.02” (M. Schaffhäuser Remix [Original Version by m²]; feat. Elements of “BeBobDeLuxe”)
- Life
- Syntagma (Original Version by M. Schaffhäuser & Ziggy Kinder)
- Mönk Mönk
- No Reduction (M. Schaffhäuser Remix [Original Version by [A]pendics.Shuffle])
- Lost In The Pile / Well (Baby Please Don’t Go) (Original Version by M. Schaffhäuser & Alex Smoke)
- Gott ist tot
- Miles Over Zero
- Confusion (Original Version by M. Schaffhäuser & Markus Guentner; feat. Elements of “Hey Little Girl” and “Epitaph”)
- Coincidance (Trentemøller Remix; feat. Elements of “Truthology“)
(Ware)