„Dit Wasser kommt aus’m Hahn!“

Am 13. Februar, diesen Sonntag, findet ein Volksentscheid in Berlin statt. Die Abstimmung dreht sich um die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe. Viele von Euch werden sich nun wahrscheinlich zwei Fragen stellen: „Worum geht es überhaupt? Hat mich das zu interessieren?“

Die Diskussion nahm ihren Ausgang, als 1999 der Berliner Senat 49,9 % der Berliner Wasserbetriebe (BWB) an die Konzerne RWE und Veolia verkaufte. Der damals von einer Koalition aus CDU und SPD geführte Senat ließ sich den Verkauf mit 3,3 Milliarden Mark vergüten. Allein im Zeitraum zwischen Anfang 2004 und 2008 stiegen die Wasserpreise in Berlin um mehr als ein Viertel an. Gleichzeitig erwirtschafteten die Wasserbetriebe Rekordgewinne, allein im Jahr 2007 in Höhe von 335 Millionen Euro. RWE und Veolia profitierten hierbei zusätzlich durch einen vom Senat garantierten Gewinn, der nur über den Anstieg der Wasserpreise erzielt werden konnte. Man kann es so sehen: das Geld der Einwohner Berlins floss durch den Abfluss in das Säckel der beiden Konzerne. Einige Bürger wollten dies nicht hinnehmen und formten die Bürgerinitiative Berliner Wassertisch. Insbesondere störte sich der Wassertisch an der Geheimhaltung der Verträge zwischen Senat und den privaten Käufern. Die Initiative argumentierte, dass die Öffentlichkeit Einsicht in die Verträge erhalten müsse, weil es um ein lebenswichtiges Gut wie dem Wasser ginge.

Im Herbst letzten Jahres gelang es dem Wassertisch knapp über 300.000 Unterschriften von Berliner Bürgern, für ihr Volksbegehren „Unser Wasser“ zu sammeln. Der Entscheid am 13. Februar ist nun eine direkte Folge jenes Volksbegehrens. Inhalt der Abstimmung ist ein vom Wassertisch formuliertes Gesetz, das vom Berliner Senat umgesetzt werden muss, sollte der Volksentscheid mit einem „Ja“ ausfallen. Der genaue Wortlaut des Gesetzes kann auf dem Flyer des Wassertisches nachgelesen werden. Knackpunkt des Gesetzentwurfs ist, dass nur öffentlich gemachte Vertragsdokumente im Zusammenhang mit der Teilprivatisierung gültig sein dürfen. Doch genau diese Regelung hält der Berliner Senat für verfassungswidrig. Er argumentiert, dass das Gesetz deshalb durch Gerichte sowieso unwirksam erklärt wird. Selbst ein Ja-Votum würde dann ohne Auswirkungen bleiben.

Des weiteren ist der Volksentscheid nach Meinung des Senats überflüssig, weil die Bürgerinitiative ihr Ziel schon erreicht hätte. Ende Oktober 2010 wurde ein großer Teil der Verträge in der tageszeitung geleakt. Wenige Zeit später veröffentlichte der Senat selbst eine etwas ausführlichere Version eben dieser Vertagsdokumente selbst. Man kann spekulieren, ob der Senat diesen der Veröffentlichung durch die Hintertür selbst gewählt hat, um der Bürgerbewegung den Antrieb zu nehmen und gleichzeitig nicht mit RWE und Veolia in Konflikt zu geraten. Beide Konzerne wollten eine Offenlegung vermeiden. Jedenfalls scheint die Sache damit für den Senat beendet zu sein.

 

Der Berliner Wassertisch sieht das natürlich anders. Er bemängelt, dass die bisher zusätzlich veröffentlichten Senats-Dokumente keine große Relevanz besitzen. Es fehlen ausgerechnet die Vertragsteile, die Rückschlüsse auf die Berechnung der Wasserpreise zulassen. Es fehlen zudem die Passagen, die aufklären, warum der Senat nur 35% der Gewinne erhält, obwohl er doch 50,1% der Anteile an den Wasserbetrieben hält.

 

Ich interpretiere das Handelns des Berliner Senats so: „Leute schaut her, hier sind die Verträge für jeden einsichtbar und das Gesetz wird eh nicht umsetzbar sein. Also bitte Leute, geht nicht zur Abstimmung!“ Denn jede nicht abgegebene Stimme wirkt wie eine Nein-Stimme. Mindestens 612.000 Ja-Stimmen werden für ein positives Votum benötigt. Bei zu geringer Wahlbeteiligung gewinnt somit der Senat.

Bei dieser Abstimmung geht es nicht nur um die Wasserbetriebe und um die Privatisierung öffentlicher Aufgaben wie Wasserversorgung, Strom und Verkehr. Es geht um Transparenz. Selbst wenn das Gesetz sich hinterher als nicht verfassungskonform heraussetellt, würde ein gewonnener Volksentscheid ein Signal an die Politik aussenden: Geklüngel zwischen Politikern und einflussreichen Konzernen zu Lasten der Bürger werden nicht toleriert! Bürger wollen wissen, was getan wird und wer es tut! Ein Signal, dass diese Stadt dringend gebrauchen könnte in Anbetracht der anstehenden Privatisierungen weiterer Wohnungsbaugesellschaften, die wohl den Anstieg der Mietpreise befeuern dürften.

Update, Montag 14.02.2011:

Bei der Abstimmung kam es zur Überaschung vieler (inklusive mir) zu einem Ja-Votum. Mit anderen Worten, der Wassertisch hat sein Ziel erreicht. Eine Mehrheit von 665 713 Wahlberechtigten hat für den Gesetzentwurf gestimmt. Damit wurde die Mindestanzahl knapp überschritten. 98,2 % der Wähler stimmten mit „Ja“, bei einer Wahlbeteiligung von 27,5%. Das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg veröffentlichte heute eine Pressemitteilung in der die Ergebnisse des Entscheids im Detail eingesehen werden können.