Starfucker (oder auch STRFKR) sind vier junge Multiinstrumentalisten aus Portland, Oregon, USA. Das ist übrigens derselbe Ort, der zusammen mit Seattle die Indie- und Alternative-Hochburg der amerikanischen Westküste bildet. Beth Ditto, die Sängerin von The Gossip, Sufjan Stevens und Matt Groening, der Erfinder von den Simpsons und Futurama, stammen aus Portland. Zudem findet in der Nähe die Oregon County Fair statt, eine Art US-Fusion für alternative Erwachsene.
Aber zurück zu Starfucker. Im März veröffentlichen sie ihr zweites Album namens „Reptilians“. Eins sei vorweg gesagt: Man muss sich in die Platte reinhören. Wie ein jedes andere Indie-Produkt kommt es anfangs rüber. Doch man muss die Ohren aufsperren und die Texte und die harmonierenden Melodien aktiv aufnehmen. Denn hinter der harmlos scheinenden Stimme des Sängers Joshua Hodges verbergen sich tiefgründige, teilweise sehr depressive Texte, über Tod und Leben, über Furcht und Akzeptanz und über die bösartige Natur der Menschen. “If you are aware of a state which you call is or reality or life, this implies another state of isn’t or illusion or unreality or nothingness or death. There it is. You can’t know one without the other.” Dies ist ein Auszug eines Vortrags des britischen Philosophen Alan Watts. Diesen und noch weitere verwendet die Band in ihrem aktuellen Album.
Laut eigener Album-Beschreibung war der Tod der Großmutter des Leadsängers und Texte-Schreibers die ausschlaggebende Inspiration für die Inhalte dieses Albums. Doch ist dies wirklich so wichtig? Jeder Mensch fühlt sich früher oder später mit dem Tod konfrontiert, ob es der eigene ist, an den man bereits denkt, oder ob es der Tod eines anderen (geliebten) Menschen ist. Die Themen der Musik von Starfucker sind also universell. Jeder wird sich mit den Texten identifizieren können, jedem werden die Melodien in die Glieder gehen. Auch die Passagen, in denen sie Aufnahmen des Philosophen Alan Watts vertont haben, fügen sich perfekt in die Stimmung des Albums ein. Das Ende von „Mystery Cloud“, der ganze Song „Hungry Ghost“ und der Anfang von „Quality Time“ sind diese Stellen. Alan Watts war ein Mann, der sich hauptsächlich mit buddhistischen Lehren beschäftigte und viele Vorträge zu den Themen Existenz, Tod und Dasein hielt.
Doch neben all diesen schweren Themen kann man die Platte als ruhiges Indie-Elektro-Album bezeichnen, zudem man auch gemütlich mal tanzen kann. Sehr minimalistisch ist es gehalten, bietet aber auch facettenreiche Momente, die vor allem durch die interessanten Auszüge aus den Vorträgen von Alan Watts zustanden kommen. Vergleichen könnte man die Platte musikalisch ein bisschen mit der Gitarre der Flaming Lips und auch mit dem Gesang von Beck, vor allem durch die zarte tiefe Stimme von Josh Hodges. Auch Phoenix oder Sonic Youth kommen einem bei den einfach gestrickten, aber sehr eingängigen Songs sofort in den Kopf. Das Album harmoniert auch in seiner Songfolge. Fast schon wie ein durchgängiges Lied wirken die 46 Minuten. Leider schmälert dies die Möglichkeit, sich einen bestimmten Liebling unter den 14 Titeln (zwei davon sind Bonus Tracks) rauszusuchen. Der Vorteil liegt hier aber eindeutig in der schönen Art, einfach Nebenbei-Musik zu sein. Die Platte fließt gemütlich mit den ruhigen Bass- und Gitarrenriffs dahin, der Gesang wird nie zu laut und auch das Schlagzeug scheint einpaar Valium genommen zu haben.
Die schweren Inhalte rund um Leben und Tod kontrastieren sehr mit der Musik drumherum. Sie versucht einen mit hohen Tönen und vielen Dur-Akkorden in eine ganz andere Richtung zu lenken. Vielleicht versuchen die Starfucker auch bloß eine nüchterne Anschauung über all diese komplizierten Themen zu liefern. Der Tod muss nicht immer in einem negativen Zusammenhang stehen, er gehört ja schließlich zum Leben dazu, denn nur durch das Leben gibt es auch einen Tod.
Preview:
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Tracklist:
- Born
- Julius
- Bury Us Alive
- Mystery Cloud
- Death as a Fetish
- Astoria
- Reptilians
- The White of Noon
- Hungry Ghost
- Mona Vegas
- Millions
- Quality Time
- Slow Dance (Bonus Track)
- Recess Time (Bonus Track)
(Starfucker mit „Medicine“ von ihrer Jupiter-EP aus 2009)