Am 1. Oktober erschien Robot Kochs neues Album „Songs For Trees And Cyborgs“, das in enger Zusammenarbeit mit seinem Label Project:Mooncircle entstanden ist (siehe BLN.FM Review). Im Interview gibt Robot Koch Auskunft über die Produktionsweise, sein selbständiges Schaffen mit Robots Don’t Sleep und erklärt, warum Musik – so wie er sie macht – viele autobiographische Züge hat.
Interview:
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Wie bist du zu dem gekommen, was du heute machst?
2003 kam das erste Jahcoozi-Album heraus. Seit ich 15 bin, habe ich angefangen Musik zu machen und in einer Band gespielt. Damals aber eher Metal. Später kam ich zum Jazz. Über das Auflegen bin ich schließlich beim Hiphop und der Elektronik gelandet.
Definierst du dich eher als Teamplayer oder Solokünstler?
In erster Linie definiere ich mich als Produzent, der zum einen seine eigenen Projekte anschiebt, zum anderen für andere Künstler produziert. Jahcoozi ist mein Bandprojekt. Ich priorisiere allerdings keines der beiden, weil sie jeweils anders funktionieren.
Im Bandkontext muss man Kompromisse eingehen, was sehr interessant sein kann. Bei Jahcoozi bringe ich mich als Produzent und ein Drittel Bandmitglied ein. Natürlich haben Sasha und Oren auch ihren Anteil und somit ist es ein Gemeinschaftsprojekt, was auch spannend ist. Robot Koch dagegen ist 100%ig Ich. Ich mag beides ganz gerne, aber insgesamt sehe ich mich als Teamplayer.
Erst 2009 erschien – neben zahreichen Releases im Vorfeld – dein erstes Album „Death Star Droid“. Zwischendrin das Jahcoozi-Album und nun schon der Nachfolger. Wie kommt’s?
Ich denke nicht, dass ich mich besonders beeile, jedoch habe ich relativ viel Output und möchte ihn nicht ein Jahr lang in der Schublade liegen lassen. Ich mache jeden Tag Musik und veröffentliche natürlich nicht alles, was ich mache, da ich mir selbst eine hohe Qualitätskontrolle auferlege. Musikmachen sehe ich nicht als Arbeit.
Gab es irgendwelche Veränderungen in der Produktionsweise im Vergleich zum Vorgänger „Death Star Droid“?
Es ist eine Weiterentwicklung der Einflüsse, die mich inspirieren. Es spielen vor allem Hiphop und Elektro eine Rolle, aber auch viel Organisches und strukturierte Oberflächen. Daher auch der Name der Platte: „Cyborgs“ steht für das elektronisch-avancierte und „Trees“ für die Natur einschließlich der Fehler, die evolutionstechnisch passieren. Ich arbeite gern mit diesen Fehlern und weniger mit glatten Sounds. Dieses Prinizp habe ich weiterentwickelt.
Du produziert neben deinen eigenen Sachen auch andere Künstler. Ist deine Handschrift unweigerlich zu erkennen oder sind das überwiegend „Auftragsarbeiten“?
Andere Künstler, ein Majorlabel oder Werbefirmen kommen auf mich zu, weil sie kennen, was ich mache und diesen Sound suchen. Und das ist mir auch wichtig. Wenn beispielsweise ein Künstler auf dem ersten Album sehr konventionell geklungen hat und nun etwas eckiger und kantiger klingen soll, ist das der Grund, warum sie auf mich zukommen.
Du hast kürzlich deine Plattform Robots Don’t Sleep gegründet, bist aber bei Project: Mooncircle unter Vetrag. Was steckt dahinter?
Robots Don’s Sleep ist ein Metalabel. Es gibt Shirts, Brillen, den Blog. Es wird demnächst auch einen Verlag geben. Das ist eher eine Art Philosophie von mir, da ich vieles gleichzeitig mache und mich die Leute oft fragen, wann ich eigentlich schlafe. Außerdem ist es für mich kein Widerspruch, mit Projekt:Mooncircle – mit denen ich sehr gerne zusammenarbeite – Platten zu releasen und gleichzeitig meine eigene Firma Robots Don’t Sleep zu haben, die vielleicht irgendwann auch Filme veröffentlicht wird. Es ist eine Marke, die ich gegründet habe und weiterentwickeln will.
Deine Arbeit muss also nicht zwangsläufig mit Musik zu tun haben?
Nein. Ich habe oft Ideen, die visueller Natur sind. Ich stelle mir vor, wie das Cover aussehen wird und arbeite eng mit 44Flavors zusammen, die meine Cover machen.
Steht demnächst eine Tour zum Album an?
Ja, sie wird im Dezember und Januar 2010/11 stattfinden. Im Januar ist die USA-Tour mit Terminen in Los Angeles, San Francisco und New York, aber auch in Europa stehen einige Gigs an.
Wie kam dein Faible für elektronische Musik und HipHop zustande?
Hiphop hat nach wie vor einen großen Einfluss auf mich. Elektronische Musik reizt mich aufgrund ihrer Fortschrittlichkeit. Ich mag nichts Rückschrittliches, wie es teilweise im klassischen HipHop vorkommt, der sich gern selbst zitiert. Mich reizt nach-vorne-denkende elektronische Musik und das Feeling, das Hiphop durch den Groove, die Tanzbarkeit und die Verschrobenheit vermittelt. Also das Spannungsfeld zwischen etwas, das sich einem ver- und gleichzeitig erschließt. Es ist aber keine große Theorie dahinter. Insgesamt ist meine Musik die Summe der Dinge, die mich reizen. Beim Dubstep mag ich die Bässe sehr gerne. Bei elektronischer Musik mag ich die einzelnen Versatzstücke und die Art der Produktion. Außerdem mag ich den Soul, der im Hiphop mitschwingt. Alles in allem reizt mich die Kombination all dieser Dinge und das, was sich zwischen den Grenzen der Genres abspielt.
Wie entstehen deine unglatten und rohen Sounds?
Ich mache viel Field Recording – ich nehme Naturgeräusche oder Objekte auf und mache etwas daraus. Zum Beispiel baue ich mir aus einem Statikgeräusch oder einem Klicken eine Snare und überlagere das Ganze anschließend. Ich mache so meine Sounds selber. Die eingebauten Fehler haben eine Ästhetik, die ich gerne einfließen lasse.
Was sind deine Produktionsweisen und welche Tools spielen dabei eine Rolle?
Angefangen habe ich mit Freeware und Fruity Loops. Das ist aber schon lange her. Auch Magix Music Maker war dabei. Also alles absolute Basic-Tools. Schließlich kam Ableton Live auf den Markt, welches ich schon seit Version 1.0 benutze und mich dementsprechend damit auskenne. Das ist auch seit längerem, sowohl auf der Bühne als auch im Studio, mein Hauptwerkzeug.
Meine Produktionsweise würde ich als Mikroediting bezeichnen. Ich nehme sehr viel Audiomaterial auf und habe am Ende eine lange „Audiowurst“. Damit schließe ich mich ins Studio ein und schneide alles klein. Im Anschluß baue ich damit collagen-artig meine Sounds. Durch ihre unterschiedliche Herkunft haben die auch ihre Geschichte haben. Die „Listen To Them Fade EP“ (erschien im Mai 2010/ Anm. der Red.) wurde beispielsweise komplett in Mexico aufgenommen. Jeder Audioschnipsel, der darin einfloss, hat somit auch etwas autobiographisches, selbst wenn nur ich davon weiß. Musik ist eben etwas Persönliches.
Anmerkung:
Die Verschriftlichung gleicht dem Audiomaterial nicht 1 zu 1, ist aber sinngemäß nahezu deckungsgleich mit der Vorlage.