Es war schon ein rechter Hype, der sich um die erste Einzelausstellung des dänisch-isländischen Künstlers Olafur Eliasson im Martin-Gropius-Bau entwickelt hat: Von allen Seiten tönte es, dass man die beeindruckende Schau nicht verpassen dürfe, da hier endlich einem der größten zeitgenössischen Künstler ein angemessenes Forum geboten würde.
Nach und nach wurden aber auch Stimmen laut, die Eliasson attestierten, eigentlich nichts zu sagen zu haben und mit simpler Effektheischerei ein möglichst breites Publikum ansprechen zu wollen. Grund genug für uns, die Ausstellung zwei Mal (in großzügigem Abstand) zu besuchen, Meinungen zu sammeln und auszuwerten und „Innen Stadt Außen“ noch vorzustellen, obwohl die zweite Hälfte der Ausstellungszeit (die bis zum 09.08. geht) bereits begonnen hat.
Eliasson, der im vergangenen Jahr an der UdK das „Institut für Raumexperimente“ gegründet hat und sein künstlerisches Schaffen der Erforschung, Umgestaltung und Umdeutung des Raumes als solchem widmet, präsentiert im Erdgeschoss des Gropius-Baus laut Begleittext Werke, die das eingefahrene Raumverständnis des Betrachters infrage stellen und neue Perspektiven eröffnen sollen.
Man betritt die Ausstellung über Berliner Gehwegplatten (die Stadt ist im Gebäude), wird vor Lichtprojektionen zu seltsamen Bewegungen verleitet (man sieht sich selbst in anderem Licht), trifft immer wieder auf Spiegel und Folien und muss gelegentlich rätseln, wo nun die optische Täuschung anfängt und die Realität aufhört. Ein etwa zehnminütiger Film, eines der zentralen Elemente, zeigt einen auf einer Seite verspiegelten Lastwagen, der seine Kreise durch Berlin zieht und teilweise überraschende Perspektiven erzeugt.
Das ist alles sehr hübsch anzusehen, und rein ästhetisch sind die Stücke durchaus bereichernd und erfreulich. Die versammelte „Stadt“ aus zahllosen bizarren Raumobjekten beispielsweise erzeugt eine eigenartige, fast gemütliche Atmosphäre in sich, und das gigantische „Mikroskop“ im Innenhof versenkt die Besucher in einer grenzenlosen Spiegelwelt. Für viele sind sicher die psychedelischen Nebelräume, in denen man quasi nichts außer sehr intensiven Farben sieht, das Highlight am Ende des Rundgangs. Nach etwa anderthalb Stunden hat man ganz entspannt alles erkundet, denn in den meisten Räumen befindet sich nur ein Ausstellungsstück.
Die Frage ist nun, was bleibt. Kunst der Effekte wegen – oder gar, um einfach die Plattform zu nutzen, die einem geboten wurde, und darauf zu treiben, was man will? Kunst, um den Betrieb (und sein Publikum) mit dem zu füttern, was es verlangt? Oder Kunst mit dem hehren Anspruch, eine Aussage auf hohem abstraktem Niveau zu treffen? Man kann Eliasson natürlich nicht absprechen, bei seinen Raumexperimenten neue, ungewöhnliche und gelegentlich überraschende Wege zu gehen, die den Horizont der Betrachter zu weiten in der Lage sind. Man kann aber auch nicht verneinen, dass er dazu auf Mittel zurückgreift, die große, anschauliche, aber dadurch auch oberflächliche Eindrücke hinterlassen.
Die Verbindung zwischen seinem ästhetischen Kabinett der optischen Täuschungen und seinen hochabstrakten Aussagen über Raum-, Umwelt- und Selbstwahrnehmung (die darüber hinaus in jedem Besucher auf andere Weise entstehen) zu knüpfen ist keine leichte Aufgabe und vielleicht ein bisschen zu viel verlangt. Wenn man also daran scheitert, braucht man nicht betrübt sein – und nimmt immerhin einige interessante Sinneseindrücke mit nach Hause.
Olafur Eliasson: „Innen Stadt Außen“, noch bis zum 09.08.2010 im Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstraße 7, Berlin-Mitte, S-/U-Bahn Potsdamer Platz. Öffnungszeiten und Eintrittspreise auf der Service-Seite des Ausstellungsortes.