Die Musik der WM-Gegner: Serbien

Gramophonedzie Diesen Freitag wird es bei dieser WM zum ersten Mal für die deutsche Nationalmannschaft wirklich ernst – sie müssen gegen die Serben ran. Und die könnten körperlich auf jeden Fall fit sein, wenn man mal annimmt, dass sich alle serbischen Spieler regelmäßig ins Belgrader Nachtlebens stürzen, welches laut Times gleich nach Berlin, Amsterdam und Barcelona rangiert.

Das verwundert nicht wirklich, denn die serbische Hauptstadt ist die Wiege des Turbofolk, einer mit Elektro und Techno angereicherten, aber doch recht einfachen  Volksmusik. Stichwort „Volksmusik“ – auch der inzwischen hierzulande populäre Balkan Beat hat Belgrad musikalisch bekannt gemacht.

Eine Plattform für so manchen elektronischen Künstler aus dem Belgrader Untergrund ist das Label B92 Music, das zum gleichnamigen einflussreichen Belgrader Radiosender gehört. Seit 2000 veröffentlicht B92 die Compilation „Belgrad Coffee Shop“, die neue elektronische Musik serbischer und internationaler Künstler vorstellt. 2008 erschien Volume 8, auf der sich neben Berliner Künstler wie die Gebrüder Teichmann, international beliebte wie Miss Kittin und regional bekannte Künstler aus der Belgrader Elektroszene wie Miloš Pavlović und Marco Nastic befinden.

Aber aktuell ist ein anderer in den Charts der internatonalen DJs. Als Marko Milicevic wird ihn wohl kaum einer kennen, aber unter dem Namen Gramophonedzie (Foto) brachte der promovierte Belgrader Sounddesigner mit „Why Don’t You“ einen Track heraus, von dem er damals nicht ahnen konnte, dass er zu einem der Clubtracks des Jahres 2009 würde. Dieser Remix von einem Peggy Lee-Swing-Hit von 1942, brachte Gramophonedzie schlagartig aus den Belgrader Partyschiffen an Donau und Save in die Clubs der europäischen Metropolen. Bleibt nur abzuwarten, ob Milicevic alias Gramophonedzie eher ein One Hit Wonder oder das nächste große Ding wird, denn ein Album ist noch nicht in Sicht.

Immer im Sommer wird die nordserbische Stadt Novi Sad plötzlich zum Mittelpunkt der europäischen Elektroszene, wenn auf der Festung Petrovaradin das 4-tägige EXIT-Musikfestival steigt. Im Jahre 2000 von einigen Studenten aus Protest gegen das damals herrschende Milosevic-Regime gegründet, ist es inzwischen mit etwa 200000 Besuchern pro Jahr zu einem der größten Festivals Europas geworden. Im Jahr 2007 erhielt es den UK Festival Award als bestes Festival Europas. Dieses Jahr geben sich neben internationalen Größen wie Mika, Chemical Brothers, Placebo und David Guetta Künstler aus unseren Landen wie Boys Noize, Moderat und Bonaparte die Ehre.

Ganz egal, wie das Spiel Deutschland gegen Serbien ausgehen wird, ein musikalischer Geheimtipp und weißer Fleck auf der musikalischen Landkarte ist Serbien schon lange nicht mehr. Vielleicht sind Gramophonedzie und Co erst der Anfang einer kreativen Welle, die von Süden her auf uns zuschwappen wird.