Ellen Allien – Dust

Ellen Allien - DustAuf fast schon zwanzig Jahre DJane-Vergangenheit kann Ellen Allien zurückblicken; und der kritische Blick auf ihr gerade erschienenes Album „Dust“ verschwimmt durch die Faszination, die ihre illustre Vergangenheit erzeugt. Wer wie sie die Anfangszeit des Berliner Techno in den Neunzigern mitgeprägt hat, dann eines der wichtigsten Elektro-Labels (Bpitch Control) etabliert hat, selbst regelmäßig veröffentlicht und zur festen Größe wurde, dem werden hohe Erwartungen entgegengebracht: nach Rauschzuständen, endlosem Tanzen.

Diesen wird sie mit „Dust“ erst einmal gerecht – treibend und ansteckend, energiegeladen kommt das Album daher und unterwirft sich dem beschriebenen Zweck. Doch auch das nur zum Teil: Zu Tracks wie „You“ oder auch „Huibuh“ kann man vielleicht tanzen, nur wird das niemals zur klaren Techno-Schiene. Eine Verwässerung findet hier statt, ein Abschweifen von Techno-Klangräumen hin zu Pop-Gefilden. Dies ist charakteristisch für „Dust“: Experimente mit Pop-Elementen und Instrumenten wie E-Gitarren („You“), dann ausgebreitete Klangteppiche ganz ohne Beat (wie zu Anfang und Ende von „Should We Go Home“). Das Album verliert dadurch an Kontur. Nur Ellens konsequent als Stilmittel eingesetzte, verzerrt sphärische Stimme spannt einen Bogen. Mal flüstert sie bestimmt, dann klingt sie fragend oder scheint geisterhaft über der Musik zu schweben.

Es stellt sich nun die Frage nach der Intention der Urheberin: warum dieser konturlose Mix? Varianz und Spiellust beweisen, sich selbstbewusst als Meisterin verschiedener Stile zu erheben? Oder etwa stilbildend ihren (und damit „den“) Begriff von Techno erweitern wollen? Ellen Alliens Ausflüge in andere Gefilde wirken etwas unbeholfen, beliebig. Im Vergleich zu intelligent arrangierten Tracks wie „Should We Go Home“, oder „Sun The Rain“ (seinerseits ebenfalls etwas „verwässert“), die über sich hinauswirken und ihr Können eindrucksvoll aufzeigen, bleiben ihre Experimente blass. Muss die Technowelt enttäuscht sein, dass dieses Album so poppig ausfällt, oder schafft sie eine Begriffserweiterung? Die Masse bediente Ellen Allien mit den Vorgängeralben, und die sehnlich vom Tanz- und Rauschwunsch Erfüllten können mit „Dust“ zumindest teilweise glücklich werden…

Abgesehen von den aufgeworfenen Fragen ruft das Album stellenweise aber auch das Gefühl einer euphorischen Nacht hervor. Und allein dafür verdient Ellen Allien den Dank der Menschen, die sich in diesem Leben (für einen Moment) verlieren wollen.

Preview:

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Tracklist:

  1. Our Utopie
  2. Flashy Flashy
  3. My Tree
  4. Sun the Rain
  5. Should we go home
  6. Ever
  7. You
  8. Dream
  9. Huibuh
  10. Schlumi

(Bpitch Control)