Bonobo – Black Sands

Bonobo - Black SandsDas neue Album von Simon Green alias Bonobo ist eines derjenigen, die man getrost auch dem Cover nach kaufen könnte, falls einem der Künstlername noch nichts sagen sollte. Denn der Blick über die dunkelgrünen Wälder, die ein Gewässer einrahmen und in deren Mitte eine Antenne als Manifest der allgegenwärtigen Technik aufragt, ist ebenso hübsch wie mysteriös – und natürlich wunderbar symbolisch.

Wenn die CD dann eingelegt ist und die ersten Töne der „Prelude“ erklingen, umfängt uns diese Szenerie, zieht uns in ihren Bann, in eine Welt, in der Natur und Zivilisation in Einklang miteinander sind, in der auf einmal alles harmonisch zusammengehört. Das war schon immer Greens Stärke: die Verschmelzung handgemachter mit elektronischer Musik auf einem derart hohen Niveau, dass eine ebenso organische wie abstrakte Klangwelt dabei entsteht. Was anderswo ein Widerspruch sein mag, wird bei Bonobo zur anmutigen Fusion. Den Höhepunkt dieser Kunst hat er sicherlich mit seinem zeitlos schönen Album „Days To Come“ von 2006 erreicht – „Black Sands“, sein vierter Longplayer, schreitet nun vom Gipfel wieder herab, ins dunkle Tal, in dem unter den Baumkronen die Laternen ferner Dörfer leuchten.

Wir steigen also die Hänge hinunter, mal den Wegen folgend, mal durchs erdige Unterholz. Die Luft ist lau und die Wildnis schüchtert uns nicht ein. Kleine Signale des Funknavigators blitzen in „Kiara“ (Track 2) immer wieder auf und weisen uns die Richtung. Die ersten sechs Tracks lang gehen wir gleichmäßig und ruhig, keine Aufregung bringt uns aus dem Tritt. Bald erscheint ein Schild am Wegesrand: „1009“ (Track Nr. 7) – wir haben die Antenne erreicht. Eingezäunt von Bonobos milder Dubstep-Variation stellt sie den Mittelpunkt des Albums dar und erinnert uns mit ihrem synthetischen Senderhythmus daran, dass in diesem Wald irgendwo auch Menschen leben.

Und wenig später schon hören wir sie singen: Andreya Trianas Soulstimme trägt „The Keeper“, die erste Single, eine sehr Bonobo-typische Downbeat-Jazz-Nummer. Die Siedlung kann nicht mehr weit sein, vielleicht sollten wir uns eine Unterkunft suchen, es wird langsam Nacht. „Stay The Same“ (Track 10), singt Andreya direkt im Anschluss, und lädt uns ein, uns dazu zu setzen, um den Abend im Schutze der Kiefern ausklingen zu lassen.

Auch wenn die Stimmung auf „Black Sands“ vielleicht weniger abwechslungsreich sein mag als auf seinem sehr erfolgreichen Vorgängeralbum, ist Bonobo nach immerhin vier Jahren Arbeit erneut ein Werk gelungen, das von seinem sicheren Gespür für schöne Melodien und vertrackte Beats zeugt. Mit viel Liebe zum Detail spielte er die meisten Instrumente selbst ein und nahm auch die Schlagzeugparts ganz „analog“ auf. „Black Sands“ ist so elegant, intelligent und sexy, wie wir es von Mr. Green erwartet hatten. Und bevor wir am nächsten Morgen erwachen und wie so oft entscheiden müssen, in welche Richtung die Expedition weiterziehen wird, schenkt er uns das Glück einer Nacht, in der auf einmal – ja, alles harmonisch zusammengehört.

Am 6. Mai spielt Bonobo live ab 21:00 Uhr in der Maria am Ostbahnhof (Support: DJ Phonomat, Icon). Tickets gibt es für 18 € im Vorverkauf.

Tracklist:

  1. Prelude
  2. Kiara
  3. Kong
  4. Eyesdown (feat. Andreya Triana)
  5. El Toro
  6. We Could Forever
  7. 1009
  8. All In Forms
  9. The Keeper (feat. Andreya Triana)
  10. Stay The Same (feat. Andreya Triana)
  11. Animals
  12. Black Sands

(Ninja Tune)