Redshape: Groß, schwarz und aus Detroit

Redshape?

Da tauchte vor Jahren aus dem Nichts ein Kerl mit einer roten Maske auf, zaubert aus seinem Computer Techno-Hymnen und die Fachwelt ist sich einig wie nie: Der Typ ist geil! Zeitgleich gehen die Fragen und Gerüchte los: Wo kommt er her? Ist er ein großer, schwarzer Hüne aus dem Umfeld der Detroiter Techno-Pioniere? Denn woher soll sonst solche Musik kommen? Der Wirbel um die Identität von Redshape ging eine ganze Weile.

Inzwischen ist schon ein wenig Zeit vergangen. Dass Redshape nicht wirklich groß und noch viel weniger afroamerikanischer Herkunft ist, dürfte den meisten Besuchern seiner Auftritte mittlerweile aufgefallen sein. Dass er aber noch nicht mal aus Detroit kommt – das merkt man spätestens dann, wenn Redshape Fragen auf Deutsch beantwortet. Mitte März 2010 trafen Tim Thaler und Alex den Produzenten, Live-Act und Berliner am Rande einer Techno-Party im Ritter Butzke – und sprachen mit ihm über Identitätspolitik und die Zeit nach dem ersten Album. Bereits dieser Tage veröffentlicht er eine neue Doppel-Vinyl auf Delsin: „Red Pack“ zeigt, dass Redshape mit dem langerwarteten Debüt-Album letzten Herbst sein Pulver noch nicht verschossen hat.

Redshape - Red Pack

Das Interview mit Redshape:

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Redshape / by facebook

Redshapes Antworten zusammengefasst:

Zuerst hast Du unter anderem Namen und ohne Maske Musik gemacht. Hat die Maske Dir dabei geholfen, erfolgreich zu werden?

Sicherlich ja.

Bedeutet das eigentlich nicht, dass Musik für sich genommen nicht mehr zählt, sondern vielmehr die Geschichte oder das Geheimnis hinter dem Künstler?

Das denke ich nicht. Sicherlich hat die Maske mit den Jahren geholfen. Die Presse hatte etwas, auf das sie sich stürzen konnte. Geplant war das alles aber so nicht. Die Bekanntheit haben ja die ersten Platten ausgelöst. Da wusste noch keiner, dass ich eine Maske aufsetze. Auch heute gibt es durchaus noch Musikerkollegen, die nicht wissen, dass ich eine Maske aufsetze, wenn ich spiele.

Wieso kamst Du überhaupt auf die Idee, Dich zu maskieren?

Ich wollte nicht erkannt werden. Vorher hab ich ja schon Auftritte gehabt – allerdings mit einem ganz anderen Sound. Ich wollte nicht, dass die Leute diese beiden Stile vergleichen. Ich wollte einen sauberen Schnitt.

Was hast Du davor für Musik gemacht, dass solch ein radikaler Schnitt überhaupt erforderlich war?

UK-Techno und was Jeff Mills Ende der 90er gemacht hat. Detroit war zu dieser Zeit nicht mein Ding. Ich mochte etwas schnelleren Sound, so bei 135 bpm. Es war halt etwas ganz anderes als das, was ich jetzt mache.

Die Maske wirkt wie ein Konzept…

Nein, das war nie als Konzept gedacht. Eine Designidee steckt natürlich schon dahinter, und der Entschluss eine Maske zu tragen war schnell gefasst. Ich bekam damals ein Booking für’s Berghain und da hatte ich schon vorher mit anderem Sound gespielt und wollte nicht erkannt werden. Außerdem finde ich Masken generell gut. Ich war früher Fan von afrikanischen Masken und auch Daft Punk hat mich dahingehend beeinflusst. Als ich dann die Maske gestaltet habe, wollte ich den „Mensch-Maschine“-Bezug darstellen. Allerdings nicht so wie Kraftwerk – von denen bin ich nicht gerade der größte Verehrer. Das eigentlich witzige für mich ist allerdings der Avatar, den die Menschen in diese Person Redshape hinein interpretiert haben. Von mir selbst gibt es ja kaum Informationen im Netz – also haben die Menschen sich selber eine Biographie zusammengesteckt.

Wie viele Masken hast Du bislang verschlissen und gibts die erste noch?

Inzwischen habe ich so an die fünf Masken durch – und die allererste hab ich noch.

Redshape?

Mit den Jahren hat sich das Mysterium um Dich und die Maske verselbstständigt. Es wurden Gerüchte laut, dass Du in Wirklichkeit ein Superstar bist, der – bei dem Sound natürlich – aus Detroit kommen musst. Hast Du einen Druck gespürt, diesen Erwartungen gerecht werden zu müssen?

Das war mir völlig egal, ich fand es eher lustig. Was mir natürlich immer mal wieder in Interviews auffällt ist, dass das Interesse an der Maskierung sehr stark ist. Für mich ist es nur wichtig, dass die Maske präsent bleibt. Denn sie hat zum einen einen Entertainment-Faktor und zum anderen gibt sie mir auch Sicherheit bei meinen Auftritten. Es ist zwar nicht so, als ob ich mich verstecken müsste, aber es hilft mir dennoch.

Wurde es in den letzten Jahren schwierig, Dein geheimnisvolles Image aufrecht zu halten? Hast Du im Laufe der Zeit eine Veränderung im Umgang mit Dir feststellen können?

Was mir oft passiert ist, war dass Leute dachten, dass jetzt so ein 30jähriger, schwarzer Riesentyp angestapft kommt. Wenn sie mich dann sehen, sind sie erst einmal geschockt, aber nach dem ersten Bier legt sich die Aufregung meistens. Jedenfalls macht es den Anschein. Ob die Leute sich verarscht fühlen, weiß ich nicht.

Legst Du noch unter Deinem anderen Namen auf?

Nein, das wäre zu gefährlich.

Aber die Liebe zu den Styles, die Du früher gemacht hast, ist noch da?

Ja, schon. Ich will mich aber immer noch weiterentwickeln und das Projekt Redshape hat mir diesbezüglich auf jeden Fall Selbstvertrauen gegeben. Natürlich wird die Liebe zu den Sounds, die ich 1996 zuerst angefangen habe aufzulegen und später dann selbst produziert habe, nie vergehen. So ein Set wie früher könnte ich immer wieder spielen.

Zum Thema Weiterentwicklung: die ist gerade in Deinem ersten Album gemündet. Angekündigt war dieses Album allerdings schon vor 4 Jahren. Warum hat es so lange gedauert?

In den ersten Jahren war es erst mal nicht notwendig, ein Album zu veröffentlichen. Da hab ich viel gespielt und hab meine kreative Energie eher in einzelne Tracks fließen lassen. Dazu kam noch, dass viele gute Labels Tracks oder Remixe von mir haben wollten, und das hat mich zu dieser Zeit voll ausgefüllt. Auch denke ich, dass ich als Künstler damals noch nicht reif genug war, um etwas wie „The Dance Paradox“ zu erschaffen. Ich wollte keine Selektion von Festplattenleichen, sondern etwas von Grund auf Neues produzieren und man kann sich vorstellen, dass so eine Herangehensweise schwierig und zeitaufwendig ist.

Nach so einer Album-Veröffentlichung ist die Energie ja meist erst einmal raus. Wie ist das bei Dir, wo stehst Du jetzt mit Deiner Kreativität?

Die ist gut. Deswegen kommt ja mit „Red Pack“ gleich das nächste Pseudo-Album heraus. Wahrscheinlich war ich nach dem Album noch kreativer als davor. Das Album war eher so eine Art Befreiungsschlag für mich. Ich hatte ein Ziel, das habe ich erreicht und das das hat mir Kraft gegeben und mir gezeigt, dass die Szene bereit ist und hinhört.

Tracks aus „Red Pack“ hört Ihr in der Rotation auf BLN.FM zwischen 20 und 6 Uhr.