Mit „Gewinnen und Verlieren“ endet die zweite Staffel 4 Blocks und sie endet mit einem Knall. Nicht wirklich im Sinne eines dramatisch befriedigenden Endes, sondern buchstäblich mit einem Knall, der wohl Tonis Frau Kalila das Leben kostet. Es wäre auch sonst alles zu einfach gelaufen für die Hamadys, die vorher ihre Gegenspieler Mohammed, die Tschetschenen und den Polizisten Kutscha scheinbar mühelos vom Spielfeld fegten.
Zunächst schien es als ob alle Stränge bei der Hochzeit von Marouf und Djamila zusammenlaufen würden. Die arrangierte Ehe zwischen den Al-Safis und Hamadys sollten doch den Frieden wieder herstellen, doch Mohammed konnte nicht schnell genug dieses Bündnis verraten, als er die Tschetschenen auf die Hamadys hetzte. Ahmed Hafienes Darbietung als Mohammed Al-Safi war mit ziemlichen Abstand, die beste schauspielerische Leistung dieser Staffel, auch Kida Kodr Ramadan wirkte in ihren gemeinsamen Szenen immer etwas kleiner als er eigentlich ist. So fühlt sich Mohammeds Tod auch weniger befriedigend an als gedacht, letztendlich hat Toni nur Glück, dass Djamila die Al-Safis verraten hat. Warum sie das tat, ist nicht wirklich klar.
Im Finales sieht es zuerst so aus als würde Toni seinen Bruder Abbas an Kutscha und die Polizei verraten, doch dann stellt sich heraus, dass dieser bestochen wurde und dafür für Abbas Unschuld aussagt. Das macht so gut wie gar keinen Sinn, da Kutscha bekanntlich nur noch Monate zu leben hat und wir gelernt haben, dass es sein letztes Ziel im Leben ist, die Hamadys hinter Gittern zu bringen. Nach seiner Kündigung vom Dienst wäre es besser wenn Oliver Masucci nicht für eine dritte Staffel zurückkommt, soll er sich lieber auf die zweite Staffel „Dark“ konzentrieren, wo seine Figur viel mehr funktioniert. Allein dass es die Macher von 4 Blocks nie geschafft haben ein paar Komparsen anzustellen, die andere Polizisten in Kutschas Büro spielen, machte seine Szenen immer wenig glaubwürdig. So war er völlig allein in einem nichtssagenden Büro, nicht in der Lage eine ordentliche Ermittlung zu führen und haute immer cholerisch gegen den gleichen Schrank, wenn wieder ein Hamady entwischt war.
Dafür ist Abbas jetzt wieder auf freiem Fuß, man sollte lieber nicht darüber nachdenken wieso, dessen Storyline diese Staffel doch etwas eingeschränkt war. Seine Szenen mit Ewa funktionieren am besten, wenn man sie als Comedy sieht, diese beiden viel zu lauten Charaktere auf der Flucht, die nicht aufhören sich gegenseitig zu beleidigen. „Abbas und Ewa“ wäre auf jeden Fall ein lustiges Spin-Off.
Neben dem Bandenkrieg und dem Comedyspinoff kommt noch das Familiendrama. Amara und Latif brauchen dringend einen Beziehungstherapeuten, denn seine Frau zu einer Landstraße zu fahren und mehrmals „Ich verstoße dich.“ zu nuscheln ist nicht sehr konstruktiv für eine vertrauensvolle Beziehung. Almila Bagriacik als Amara versucht mit aller Kraft dieser Szene emotionale Tiefe zu geben, doch Massiv gibt ihr nicht viel zurück und stößt hier etwas an seine schauspielerischen Grenzen. Warum war Latif eigentlich bei fast keiner Aktion seiner Familie im Kampf gegen die Al-Safis zu sehen? Amara wollte letzte Staffel die Hamadys und ihren Mann noch unbedingt verlassen und in der zweiten ist sie beiden seltsam treu, bis zum letzten Moment, indem sie mit gar nichts mehr dasteht.
„4 Blocks“ startete stark in sein Sophomore-Staffel, aber es gelang nicht wirklich die verschiedenen Handlungsstränge überzeugend zu Ende zu erzählen. „4 Blocks“ ist nach wie vor stylisch und unterhaltsam, aber manchmal auch blödsinnig oder sogar peinlich, wie als Marouf nichts besseres einfällt als seiner Fast-Frau Djamila nachzurufen: „Du siehst sehr schön aus.“.
Aber vielleicht sollte „4 Blocks“ sich das in der dritten Staffel zu eigen machen, sich weniger ernst nehmen und mehr wie Abbas und Ewa sein. Die beste Szene der Staffel kommt auf jeden Fall in der fünften Folge als Ewa Abbas in seinem geheimen Versteck besucht und Ewa ihren Geliebten sofort anpflaumt:“ Geht’s noch du Arsch? Stinkt hier voll.“. Und der moderne Mafiosi Abbas Hamady, ein führendes Mitglied eines Clans auf der Flucht von einer lebenslangen Haftstrafe wegen Mord erwidert mit voller Inbrunst: „Darf ich auch mal kacken?“
Autor, Joram Bick