Plastik – überall! Die Frischhaltedosen im Küchenschrank, „Plastic World“ im Kino und schließlich „Plastic Beach“ auf die Ohren. Angeblich der Strand am Cap Nemo, an den sich der Gorillaz-Sänger Murdoc zurückzog, um in aller Ruhe und Gelassenheit das dritte Album der Gorillaz zu produzieren. Da Murdoc aber wie alle Gorillaz-Bandmitglieder in Zusammenarbeit von Damon Albarn und Jamie Hewlett entstanden und somit rein fiktiv ist, war es Albarn letztlich selbst, der die Gelassenheit auf den Tonträger brachte. Und daneben noch einiges andere. Fast so, als würde er für das letzte Album seiner Comic-Helden noch einmal richtig einen raushauen wollen, ohne aber so richtig zu wissen, wo die Reise hingehen soll. Die Platte will ein bisschen viel.
Zu viel Orchester: Das Viva Sinfonie-Orchester leitet mit dem Intro ein, und zwei Tracks später fragt man sich, auf was für einem Album man jetzt eigentlich gelandet ist. Nichts gegen das hervorragende Orchester für arabische Musik in „White Flag“, aber mehr als 60 Sekunden sind zuviel des Guten (wenn man Gorillaz-Style erwartet).
Zu viele Gast-Acts: Bei all den berühmten Feature-Künstler wie Snoop Dogg, De la Soul, Mos Def und Urgesteinen wie Lou Reed und Bobby Womack vermag „Plastic Beach“ kein stimmiges Soundgemälde zu erzeugen. Zwar sind es ebendiese vielen verschiedenen Künstler und Produzenten sowie die bunte Mischung aus Pop, Dub, Rap und Elektro, die den Sound und die Charaktere der Gorillaz immer wieder neu prägen, dennoch entsteht hier kein roter Faden, der alle Werke miteinander zu verknüpfen schafft.
Wir erinnern uns an Nummern wie „Clint Eastwood“, „Feel Good Inc.“ oder „Dirty Harry“, bei denen uns besonders die prägnante Stimme des Leadsängers 2D im Kopf blieb. Gerade weil „Plastic Beach“ so viele Features platziert, wissen wir die typischen Gorillaz-Hymnen mit 2D besonders zu schätzen. Und so macht die zweite Album-Hälfte dann doch noch glücklich: „Rhinestone Eyes“ weiß zu überzeugen. Ein einprägsamer Beat, eine gute Hook und schließlich die schnoddrige Stimme von, ja na klar, 2D.
Auch „Glitter Freeze“ featuring Mark E. Smith ist ein toller Track, der ordentlich auf die Elektro-Tube drückt und dadurch mehr als clubtauglich ist. Karibisch-asiatisch anmutende Elektro-Klänge werden im Song „To Binge“ durch Unterstützung der schwedischen Elektro-Band Little Dragon transportiert. Und schließlich ist auch die erste Singleauskopplung, „Stylo“, gelungen: eine abwechslungsreiche Mischung aus 80es-Einschlägen, Elektro-Geklopfe und der meldodischen Stimme von Bobby Womack.
Alles in allem also ein gewöhnungsbedürftiges, aber passables Abschlusswerk für die Gorillaz. Und Fans, die wir ohne Frage sind, repeaten dann doch noch mal die Minute mit dem libanesischen Orchester und denken: irgendwie ist es doch ganz cool.
Hier eine kleine Preview des Albums:
[podcast]http://www.bln.fm/media/audio/previews/20100322_immix_gorillaz.mp3[/podcast]
Tracklist:
- Orchestral Intro (featuring sinfonia ViVA)
- Welcome to the World of the Plastic Beach (featuring Snoop Dogg and Hypnotic Brass Ensemble)
- White Flag (featuring Bashy, Kano, and The Lebanese National Orchestra for Oriental Arabic Music)
- Rhinestone Eyes
- Stylo (featuring Bobby Womack and Mos Def)
- Superfast Jellyfish (featuring Gruff Rhys and De La Soul)
- Empire Ants (featuring Little Dragon)
- Glitter Freeze (featuring Mark E. Smith)
- Some Kind of Nature (featuring Lou Reed)
- On Melancholy Hill
- Broken
- Sweepstakes (featuring Mos Def and Hypnotic Brass Ensemble)
- Plastic Beach (featuring Mick Jones and Paul Simonon)
- To Binge (featuring Little Dragon)
- Cloud of Unknowing (featuring Bobby Womack and sinfonia ViVA)
- Pirate Jet
(Text: Sophie Krause)