Die Hälfte der zweiten Staffel „4 Blocks“ ist schon wieder vorbei, die vergleichsweise ruhige vierte Folge „Frei“ funktioniert größtenteils als Vorbereitung für die finalen 3 Folgen. Seinen Titel verdankt „Frei“ Abbas Hamadys Ausbruchs aus dem Krankentransport, kurz nachdem er von zwei tschetschenischen Attentätern in seiner Zelle niedergestochen wurde. Warum diese es zu zweit nicht vollbrachten, ihren Auftrag zu vollenden, ist etwas rätselhaft. Und auch, dass die Sicherheitsvorkehrungen im Krankentransport eines Gefängnisses, vorsichtig gesagt, so relaxed sind und dass Abbas, trotz einer schweren Verletzung und mutmaßlich einigem an Blutverlust, so problemlos seine Bewacher ausschalten kann, erinnert mehr an Scharzenegger-Filme als man von 4 Blocks gewohnt ist.
Aber nun ist Abbas erstmal ‚frei‚ und obwohl er noch seiner Freundin Ewa zu verstehen gab, dass er seinen Brüdern nicht mehr traut, hat er nun keine Wahl mehr und schleppt sich zum Anwalt der Familie. Aber Toni ist zur Stelle, kümmert sich fast schon zärtlich um seinen kleinen Bruder. Zum ersten Mal sehen wir Toni, den großen Bruder statt Toni, das Familienoberhaupt. Außerdem sehen wir diese Woche auch Toni, den Deutschen, der sich genüsslich das Wort „Grundstückskaufvertrag“ auf der Zunge zergehen lässt. Der Anführer des Hamady-Clans scheint immer dann am glücklichsten, wenn es darum geht Verträge zu unterschreiben oder über Hotels zu reden. Die erste Staffel begann ja auch damit, dass er aus dem Familiengeschäft aussteigen und in Mietwohnungen investieren wollte. Wie damals, werden wahrscheinlich auch diesmal Tonis Pläne durchkreuzt. Vor allem, nachdem der Polizist Kutscha nun in seinen Ermittlungen gegen die Hamadys in die Offensive zu gehen scheint und Tonis Konten einfriert. Über Kutscha, der in der ersten Staffel nur wenige Szenen hatte, erfahren wir in „Frei“ dass er sterbenskrank ist und das der Sturz der Hamadys sein letztes Ziel ist. Das wurde aber in zwei so kurzen, plumpen Szenen erzählt, dass man sich den Hintergrund auch sparen hätte können, die führenden Drogendealer in Neukölln zu verhaften sollte eigentlich auch Motivation genug sein.
Ansonsten sehen wir noch Zeki in seinem Leben als Doppelagent, dessen tragisches Scheitern schon vom Weiten zu erahnen ist. Natürlich muss er sich vom neuen Geld gleich ein protziges Auto kaufen, das kann nicht lange gutgehen. Wenn man wetten würde, welcher Charakter dieser Staffel nicht überlebt, scheint Zeki eine solide Investition zu sein.
Tonis Schwester Amara wird von ihren geplatzten Plänen mit Vince abzuhauen eingeholt. Latif reagiert zunächst überaschend phlegmatisch, doch als sich herausstellt, dass er im Prinzip Amara zu einer 30er-Jahre Hausfrau machen will, die nur noch die Wohnung putzen darf, fragt man sich warum Amara nicht sofort abhaut. Man kann nur hoffen, dass sie die nächsten drei Folgen glimpflich übersteht.
Gerät die Hauptgeschichte vom Krieg zwischen Toni und Mohammed über die Macht in Berlin etwas in den Hintergrund, kommt sie in der letzten Szene wieder dramatisch hervor. Mohammeds Leute brechen bei Toni ein, doch statt ihrem Ziel Toni, finden sie seine Tochter und man kann davon ausgehen, dass diese für eine Erpressung nun entführt wird. Das Benzin zu dem Feuer, dieses schwelenden Konflikts. Bleibt zu hoffen, dass die Hamadys am Ende nicht ganz Neukölln in Schutt und Asche gelegt haben, wie Kutscha so apokalyptisch prophezeite.