Festivals sind eigentlich gelebte Utopie – ein tagelang währender Rausch aus Musik, Alkohol und Freiheit möglichst weitab des Alltags. In den vergangenen Jahren rückten Open Airs jedoch vermehrt wegen sexueller Übergriffe in die Schlagzeilen. Das „Bråvalla-Festival“ in Schweden wird 2018 sogar nicht stattfinden, nachdem 2017 vier Fälle von Vergewaltigung angezeigt wurden.
In Deutschland hat der Veranstalter FKP Scorpio erst dieses Frühjahr eine neue Sicherheitskampagne eingeführt. “Wo geht’s nach Panama?” ist ein Code, der Festivalbesuchern aus brenzligen Situationen helfen soll. Dazu zählen nicht nur sexuelle Übergriffe. Ein Sonnenstich, zu viel Alkohol erwischt oder ein beklemmendes Gefühl mitten im Gerangel – “Manchmal befindet man sich in Not und weiß nicht, wie man sich aus dieser Lage befreien soll”, sagt uns Jonas Rohde von FKP Scorpio. In diesen Situationen können sich die Besucher an das Personal wenden und nach “Panama” fragen. Die Ansprechpartner sind mit einem grün-violetten Armband gekennzeichnet. Neben Security- und Barpersonal wissen auch Festivaljobber, was zu tun ist, wenn jemand sie fragt: “Wo geht’s nach Panama?”.
Das Besondere an der Aktion ist: Die Betroffenen müssen sich nicht erklären. Gerade in Fällen sexueller Belästigung kann es sehr schwierig sein, mit einem Fremden darüber zu reden, was gerade passiert ist. Auch deswegen ist “Wo geht’s nach Panama?” so offen gehalten. Die Mitarbeiter reagieren sofort, indem sie die betroffene Person zunächst aus der Situation hinaus holen. Erst im zweiten Schritt wird geklärt, welche Art von Hilfe gebraucht wird. Security, Rettungskräfte und Polizei sind vor Ort und wissen dann im Einzelnen, was zu tun ist.
Das Konzept für “Panama” stammt ursprünglich aus England und ist dort bereits in Bars und Clubs sehr erfolgreich. Auch in Bayern macht gerade eine ähnliche Aktion die Runde: fühlt sich im Club jemand unwohl oder bedroht, kann er sich an der Bar Hilfe holen, indem er die Frage “Ist Luisa da?” stellt.
Bislang kam die Aktion “Wo geht’s nach Panama?” bei Festivalgängern gut an. Wie sich das Konzept in Aktion bewährt, wird sich wohl erst nach dem Festivalsommer zeigen. Ein erster Schritt zu schneller, einfacher Hilfe im Notfall ist aber schon mal getan.