Fans für die großen und kleinen Kästen, die aus Strom Klang erzeugen, haben in Berlin eine zentrale Anlaufstelle: SchneidersLaden in Berlin-Kreuzberg. Vom 20.-22. April 2017 laden die Macher nun zum zweiten Mal die Community aus GerätebastlerInnen und SoundtüftlerInnen zu eigenen Messe: „Superbooth17“ – diesmal im FEZ in der Berliner Wuhlheide. Rund 160 Aussteller aus 22 Ländern sind dabei. ExpertInnen wie Gudrun Gut zeigen ihre Tricks und Kniffe und stecken mit Interessierten in Workshops Geräte zusammen. Jeden Tag gibt es außerdem spezielle Kurse von Frauen für Frauen, damit die Neugier nicht von Berührungsängsten oder männlichem Dominanzverhalten gekillt wird. Klingt alles pädagogisch wertvoll? Ist es auch! Selbst für Schulklassen gibt es spezielle Kursangebote, zu denen Lehrer ihre Klassen noch anmelden können. Aber auch alle anderen, die an Kursen interessiert sind, sollte sich vorab auf der „Superbooth“-Seite anmelden.
Veranstalter Andreas Schneider erzählt im BLN.FM- Interview, wohin die musikalische Reise führen wird.
Warum soll die „Superbooth“ keine weitere Messe sein, in der Nerds einfach die neueste Technik ausprobieren können?
Die wichtigsten Akteure sind Künstler und private Anwender, kleine Selbstständige und manchmal auch mittelständische Betriebe. Sie laufen Gefahr zwischen Konzernen und großen Vertrieben mit ihren Megastores und Online-Buden wie Amazon verschlissen zu werden. Wir möchten eine Basis schaffen, indem diese Mischpoke mindestens von unten durchlässig bleibt: also Neugierige auch außerhalb der üblichen Zirkel eine Chance bekommen „einzusteigen“. Hier ist der Ort, wo Erfinder und Bastler ein- und auftauchen können um sich zu messen, eben eine Messe nicht nur für „Cracks“.
Die diesjährige Ausgabe von „Superbooth“ soll vielseitiger werden. Dabei wollt ihr besonders Frauen abholen, die in diesen Bereich nach wie vor so gut wie unsichtbar sind. Weshalb ist das Thema euch wichtig?
Schon 2016 war „Superbooth“ keine reine Messe, sondern stellte eine Kommunikationsplattform für die gesamte Musikbranche. Alle kamen zu schauen – und waren hinterher sichtlich inspiriert von unserer anderen Art einer „Messe“. Es geht uns nicht um den Abverkauf von Produkten, sondern darum, das Hersteller von Produkten und Anwender sich über ihre Visionen und Ideen austauschen. Dabei entdecken Entwickler manchmal, dass sie keinen blassen Schimmer von einigen originellen Anwendungen haben, welche Nutzer für ihre Geräte oder Programme gefunden haben.
Wir können leider auch nicht ändern, dass Frauen in den Chefetagen der Plattenfirmen weniger vertreten sind und weniger Gage kassieren, auch wenn sie genauso hart arbeiten wie männliche Produzenten. Aber das Problem in unserer Szene ist nicht so aussichtslos, wie es derzeit gern dargestellt wird. In den meisten Betrieben arbeiten emanzipierte Männer, die ihrer technischen Liebhaberei nachgehen. Oft kommt es ihnen gar nicht in den Sinn sich zu fragen, ob sich ihre Partnerinnen oder Freundinnen auch für den technischen Background interessieren. Dieses Mindset müssen wir ändern – aber das braucht Zeit. Darum setzen wir bei den Schülerinnen, Mädchen und jungen Frauen an, die auch potentielle Kundinnen sind – täglich bieten wir Workshops nur für sie an. Dazu haben wir zahlreiche Künstlerinnen gebucht, die mehr machen als singen oder mit ihren Musikprogrammen zu „spielen“. Außerdem wollen wir den Nachwuchs begeistern. Wir werden Schulklassen die elektronische Klangerzeugung zeigen, denn leider geht im Musikunterricht in Schulen der Inhalt nicht über die Geige oder Blockflöte hinaus, wenn es um das Ausprobieren von Instrumenten geht. Dabei bietet der Synthesizer zahlreiche Optionen für Musik und Mathe, Physik und Kunst, die wir darstellen und abbilden werden.
Letztes Jahr wart ihr noch im Funkhaus, dieses Jahr ist die Messe im FEZ? Warum?
Das FEZ ist deutlich besser ausgestattet. Anders als im Funkhaus kommt sogar fließend Wasser aus den Hähnen über den Waschbecken. Außerdem sind Sicherheit der Besucher und Barrierefreiheit gewährleistet, denn letztes Jahr mussten wir Teilnehmer in seinem Rollstuhl immer wieder Treppen rauf und heruntertragen. Der Ort passt gut, weil wir 2017 den Schwerpunkt auf die Nachwuchsförderung setzen. Wir wollen dabei auch Lehrpersonal inspirieren zum Beispiel Synthesizer in den gängigen Musikunterricht einzubauen. Dazu ist das FEZ als etablierte Kinder- und Jugendeinrichtung besser geeignet. Uns kommt dabei auch die räumliche Infrastruktur zugute: Wir haben eine große Workshop Area mit vielen Themenräumen, draußen eine kleine Seebühne und das Foyer mit Tageslicht, riesigen Fenstern und Empore als Hauptausstellungsbereich, dazu noch der schöne Park der in Pausen zu Spaziergängen einlädt.
Was empfiehlst du auf der „Superbooth17“ für jene, die noch nicht so krass in der Materie drin stecken?
Am einfachsten fährt man, wenn man sich die Workshops und Präsentationen anschaut. Wer es ernst meint, der kauft sich rechtzeitig ein Tagesticket und macht sich dann einen guten Tagesplan. Also zum Beispiel: 11 Uhr mit dem Shuttle anreisen, runterkommnen und gleich ein paar andere Gleichgesinnte kennenlernen. Im prächtigen Erdgeschoss vom FEZ-Palast ein wenig rumschlawinern und sich die ersten Produkte mal erklären lassen. Draußen eine Performance hören und vielleicht was kleines dazu essen. Ab 14 Uhr hoch in den geschlossenen Ausstellerbereich. Oder als Mädchen: 13:30 beim Einführungsworkshop von Frauen für Frauen reinschauen, dann ein wenig rumlaufen und Fragen loswerden. Zwischendurch Pause nicht vergessen. Im großen Saal kann man sich dann mal auch zwischendrin eine Präsentation eines Herstellers geben oder direkt bei einem Workshop von einem Herstellern einsteigen. Draußen gibt es Konzerte oder improvisierte Session mit T.Raumschmiere & Allert Aalders und die Performance von Schneider TM. Und für alle, denen das Tagesprogramm nicht reicht, die bekommen am Samstag ein ordentliches im OHM ein Nachtprogramm mit Ströme, Colin Benders, Jay Ahern und Mista de Tampl, Mark Verbos und Junior von Oswald die schon tagsüber auf der Superbooth ihr Wissen teilen. Dazu legt Daniel Miller noch ein paar Platten auf.
Und weshalb sollten Experten die „Superbooth17“ auf keinen Fall verpassen?
Wir wollen, dass alle, die später Geld für ein Produkt ausgeben, erstmal die Materie verstehen, bevor sie es kaufen oder anderen empfehlen. Experten können so direktes Feedback an Herstellern geben, die Macher hingegen können bei Präsentationen und Workshops vorführen, wie sie sich ihre Lösungen eigentlich wirklich gedacht haben. In dieser Atmosphäre können dann alle Beteiligten entspannt miteinander ins Gespräch kommen und voneinander lernen – das ist ein Leistungssprektrum, welches ich von keiner Messe kenne. Ich hoffe sehr, dass uns das auch 2017 gelingt.
SchneidersLaden präsentiert: „Superbooth17“, FEZ Berlin, Straße zum FEZ 2 in Berlin-Köpenick, S-Bahn Wuhlheide oder Schöneweide
Genauere Details zum dreitägigen Programm werden bis zum Beginn der Messe regelmäßig auf der Webseite des Veranstalters aktualisiert.