Noch ist nicht einmal die Genehmigung erteilt, dass New Order, Radiohead & Co am 10. und 11. September im Treptower Park spielen dürfen. Doch einige Anwohner fühlen sich jetzt schon bedroht vom „Lollapalooza“-Festival. Dabei geht es nicht nur um Lärm – die Befürchtungen sind groß, dass der frisch sanierte Park nach dem Festival-Wochenende völlig zerstört sein wird. Deshalb machen seit Februar 2016 verschiedene Bürgerinitiativen gegen das Open Air mobil – mit Unterschriftenlisten und einer Online-Petition. Am 14. Juli zog dann auch noch ein kleines Grüppchen von ungefähr 100 Anwohnern und Sympathisanten mit Trommeln, Kochtöpfen und selbstgemalten Transparenten durch den Park zum Rathaus Treptow, wo eine Informationsveranstaltung der „Lollapalooza“-Macher stattfand. Den Initiatoren der Demo ging es darum, den „Missbrauch eines Erholungsortes“ durch Lärm und Vandalismus zu verhindern. „Respektlos und pietätlos“ sei die Wahl des Veranstaltungsortes, echauffiert sich eine ältere Anwohnerin, denn unmittelbar an das Festivalgelände grenzt das Treptower Ehrenmal mit den über 7000 dort begrabenen Soldaten.
Festival mit 50000 Besuchern gegen 100 Anwohner
Die „Lollapalooza“-Festivalmacher Marko Hegner und Fruzsina Szép versuchten auf der Infoveranstaltung die Vorbehalte der Anwohner auszuräumen. Es existiere ein umfassendes Lärmschutzkonzept, das Festival wird bereits gegen 23 Uhr enden, der Rasen werde mit Abdeckplatten geschützt, die neu angelegten Grünanlagen werden abgesperrt, das sowjetische Ehrenmal wird vor alkoholisierten Konzertbesuchern abgesperrt. Auch würde direkten Anwohnern eine Entschädigung gezahlt, und der Park wird nach dem Festival mit einer sechsstelligen Summe komplett wiederhergestellt – auf Kosten der Veranstalter.
Die Gegner des „Lollapalooza“ können sie mit all diesen Maßnahmen nicht überzeugen. Die Treptower Direktkandidatin Katalin Gennburg (Linke) etwa sieht in dem Festival den Startschuss zur Kommerzialisierung eines öffentlichen Ortes, der für alle jederzeit zugänglich sein sollte. Der Treptower Park sei generell „Not for Sale“ für kommerzielle Unternehmen. Dustin Hoffmann (CDU) befürchtet zudem, dass nach der Genehmigung auch andere Musikveranstaltungen in den Treptower Park verlegt werden könnten. Die Veranstalter hingegen beschwichtigen: das Festival findet nur dieses eine Mal im Treptower Park statt, weil 2016 keine Alternative verfügbar war.
Immerhin unterstützt der Berliner Senat das Festival: Lollapalooza gehöre zu Berlin, das Festival sei wichtig für die Metropole und müsse stattfinden, so Tatjana Kaube vom Musicboard Berlin.
Ein Rolle dürfte dabei spielen, dass ein Ausfall des „Loolapalooza“ Berlin teuer zu stehen kommen dürfte. Nicht nur wäre das Image Berlins als Ort für Großveranstaltungen ramponiert, sondern der Stadt droht bei Absage des Festivals eine Vertragsstrafe in bis zu zweistelliger Millionenhöhe.
Allen Argumenten zum Trotz wollen die Protestierenden nicht klein beigeben. Linke-Politikerin Katalin Gennburg sagte BLN.FM, dass sie notfalls gegen die Genehmigung klagen wird, sollte sie erteilt werden.
UPDATE 30.7.2016:
„Bitte lassen Sie uns das Festival in Ruhe veranstalten“, die innige Bitte von Fruzsina Szép an die Anwohner trägt keine Früchte. Daher scheuen die Veranstalter keine weiteren Bemühungen und Kosten. Drei Nächte umsonst mit vier Sternen geschenkt, auch die Haustiere dürfen mit. Die Anwohner des Parks fanden diesen Dienstag ein Schreiben mit Hotelgutschein für das Mercure in Neukölln in Ihrem Briefkasten.
Vergebene Liebesmüh? Bestimmt. Die Gegner finden immer wieder neue Kritik, so könnten sie dies als „manipulative Werbemasche“ auslegen. Ein weiteres Argument der Anwohner verstärkt sich momentan: die Angst vor Terroranschlägen.
Dabei sollten sie sich im Klaren sein: ein Festival, was bereits so viel Aufwand erzeugte, ausverkauft ist und für welches ein internationales Line-Up fest gebucht ist, wird wohl kaum kurz vorher abgesagt.
(Fotos: Angelika Urban)