Dänemark mag keine Flüchtlinge. Damit nicht zu viele plötzlich auftauchen, kontrolliert das Land an der Grenze wieder die Pässe. Doch nicht nur dort werden Geflüchtete abgewiesen, auch vor Nachtclubs werden Flüchtlinge aussortiert. In der dänischen Stadt Sønderborg werden in einigen Nachtlokalen nur noch diejenigen eingelassen, die entweder dänisch, deutsch oder englisch sprechen, berichten thump, The Local und andere Medien. Der Betreiber des Clubs Buddy Holly in Skagen begründet diese Türpolitik damit, dass er seine weiblichen Gäste „schützen“ will, berichten die Seiten. Besucherinnen beklagten zuvor, dass sie sich im Club unwohl fühlten, weil sie von sexuellen Übergriffen gehört hatten. Der dänischen Polizei ist jedoch offenbar nichts von Übergriffen bekannt. Der dänische TV-Sender TV2 berichtet, dass bisher noch keine Fall so gravierend war, dass ihn die Polizei zu den Akten nahm.
(Update) Doch auch in deutschen Städten wird geflüchteten Menschen der Zutritt zu Clubs verwehrt. Wie die Badische Zeitung berichtet, lassen auch „links-alternative“ Lokale wie das White Rabbit Menschen nicht ein, die nur eine Aufenthaltsgenehmigung besitzen. Vorangegangen waren Taschendiebstähle, sexuelle Belästigungen, eine Messerattacke auf einen Türsteher. Als Verdächtige werden wieder nordafrikanische Männer beschrieben. Ein Vertreter der Polizei gab zu Protokoll, dass diese Vorfälle nicht polizeibekannt seien. (via Spiegel Online)
Und wie läuft das in Berlin?
Das Aussortieren von Menschen aufgrund ihrer sichtbaren kulturellen Herkunft und Sprache gehört zu den Themen, über die man in der Berliner Clubkultur nur hinter vorgehaltener Hand spricht. Gibt es das? Abgewiesen wird man in der Regel ohne Begründung. Ob’s Kleidung, Hautfarbe oder Alkohol-Fahne war – oft genug wissen es die Betroffenen hinterher nicht.
Antatschen und sexuelle Belästigung von Tanzenden gab es schon vor der „Flüchtlingskrise“ in Berliner Clubs. 2014 berichtete DJ Kate Miller im Spiegel, wie sie während ihrer Arbeit regelmäßig dumm angebaggert wurde und einige Männer im Kreuzberger Chalet körperlich zudringlich wurden. Die Herkunft der Männer wurde im Bericht nicht thematisiert. Und das ist richtig so: Die Verhaltenskonventionen der Berliner Clubkultur sind teilweise ungewöhnlich für „Neulinge“ – egal woher sie kommen. Und deshalb gibt es eine Türpolitik: Sie soll verhindern, dass die Zahl von derjenigen überhand nimmt, die unter dem Einfluss rauscherzeugender Substanzen zudringlich werden und anderen Gästen den Spaß verderben.
Die Berliner Clubcommission kennt das Problem mit plumpen Anmachen und sexueller Zudringlichkeit in Szeneclubs. In einem neuen Aufkleber thematisiert sie den unerwünschten Sexismus im Nachtleben. Für die dänische Türregelung hat Sprecher Lutz Leichsenring nur ein Urteil übrig: „Das ist Schwachsinn! Die Berliner Clubkultur steht für Toleranz und Offenheit“. Geflüchtete Menschen draußen stehen lassen – zumindest für den offiziellen Vertreter der Berliner Clubkultur ist das keine Option.
Dass das Buddy Holly für Underground-Clubs in Dänemark steht, ist übrigens zu bezweifeln. BLN.FM schaute nach und fand auf der Webseite Ankündigungen einer Bier-Flatrate, Bingo-Abende und Saufwettbewerben. Andere Clubs, die sich äußerten, blieben anonym. Es kann nicht nachgeprüft werden, ob es sich um Kneipen mit lauter Musik handelt oder „richtige“ Clubs mit musikalischem Programm. Vielleicht ist die dänische Underground-Clubkultur dann doch nicht so rassistisch, wie uns die Medienberichte glauben machen.
Was die Clubcommission zu Sexismus in Berliner Clubs zu sagen hat:
(mit Alexander Koenitz / Fotos: Juska Wendland, flickr (CC BY-NC 2.0) / „No Sexism“-Kampagne der Clubcommission Berlin)