Eine poppige Nummer im Fitnessstudio macht den Work Out zum Klacks. Musik dudelt am Morgen aus dem Radio und zaubert ein Lächeln auf die Lippen. Doch es geht auch anders: mit zackiger Marschmusik ging es in den Krieg. Mit Fackeln und Gesängen zogen die Nazis durch Berlin um ihre Macht zu feiern. Musik ist also ein nützliches, psychologisches Werkzeug – nicht nur zur Entspannung sondern auch zur emotionalen Mobilmachung. Das Musikfestival „Krieg Singen“ will das vom 14.1. bis zum 17.1.2016 mit Konzerten, Kunst und Diskussionen ergründen – und untersucht, welche Rolle Musik in den letzten 100 Jahren beim Kriegstreiben gespielt hat.
So zeigt die Installation „Hate Radio„, wie in Ruanda in den 1990ern das zynisch kalkulierte Radioprogramm des Senders RTLM Menschen aufforderte, ihre Nachbarn zu ermorden. Eine Million Menschen der Minderheit der Tutsis wurden in den darauf folgenden drei Monaten brutal umgebracht. Überlebende des Völkermords stellen jetzt eine Sendung des Senders nach. Diese Installation ist durchgehend von Donnerstag bis Sonntag zu sehen und natürlich zu hören.
Am Samstag zeigt das HKW den Film „They will have to kill us first„. Im Norden Malis verboten die Truppen des „Islamischen Staates“ jegliche Musik, als sie 2012 die Macht in Teilen des nordafrikanischen Landes übernahmen. Auf der Flucht in den Süden des Landes trafen die Sängerin Khaira Arby und Fadimata „Disco“ Walet Oumar zusammen. Sie hielten sich mit Gelegenheitsauftritten unter den Namen „Songhoy Blues“ über Wasser, bis sie von Filmemacherin Johanna Schwartz entdeckt wurden, die einen Film über sie drehte. Inzwischen hat die Band eine Europatournee hinter sich und tritt am Samstag Abend im HKW auf.
Sämtliche Installationen, Filmvorführungen und Talks sind kostenlos. Das Abendprogramm besteht aus Konzerten und Hörspielen. Alexander Hacke von den Einstürzenden Neubauten und FM Einheit basteln aus den Aufnahmen der Kriegsreden von Kaiser Wilhelm II und Adolf Hitler Audio-Kunst. Die slowenische Gruppe Laibach spielt in ihrem Industrial mit der totalitären Ästhetik der Propaganda von Nazi-Parteitagen. Hauschka, Barbara Morgenstern und Ari Benjamin Meyers geben am Samstag Kriegsgefangenen aus Afrika, Europa und Asien eine Stimme, die im 1. Weltkriegs interniert waren – ihre Lieder werden mit dem Chor des Hauses der Kulturen der Welt aufgeführt.
Im Interview verriet uns Gabriele Tuch vom Haus der Kulturen der Welt, was es mit „Krieg Singen“ auf sich hat:
Donnerstag, 14.1.
- 15-23 Uhr: Installation Hate Radio von Milo Rau, frei
- 18-23 Uhr: Installation Hörstationen, frei
- 19 Uhr: Live-Hörspiel Deutsche Krieger mit Alexander Hacke, FM Einheit, Andreas Ammer
- 20:30 Uhr: Konzert Laibach
Freitag, 15.1.
- 15-23 Uhr: Installation Hate Radio von Milo Rau, frei
- 18-23 Uhr: Installation Hörstationen, frei
- 17 Uhr: Panel Hass Schüren, frei
- 18 Uhr: Musikperformance Is everybody in? mit wittmann/zeitblom
- 19 Uhr: Konzert: Sorrow of Noise mit Tri Minh
- 19:30 Uhr: Konzert: Vela 6911 mit Victor Gama und das Kammerensemble Neue Musik
- 21:30 Uhr: Konzert: Lautarchiv mit Hauschka, Ari Benjamin Meyers, Barbara Morgenstern und der Chor des HKW
Samstag, 16.1.
- 15-23 Uhr: Installation Hate Radio von Milo Rau, frei
- 18-23 Uhr: Installation Hörstationen, frei
- 15 Uhr: Film They will have to kill us first, frei
- 17 Uhr: Panel Töten mit Klang, frei
- 18:30 Uhr: Musikperformance Is everybody in? mit wittmann/zeitblom
- 19:30 Uhr: Konzert We declare War mit Tobagoe Crusoe and the Kalypso Katz
- 21 Uhr: Konzert Songhoy Blues
Sonntag 17.1.
- 15-23 Uhr: Installation Hate Radio von Milo Rau, frei
- 18-23 Uhr: Installation Hörstationen, frei
- 15 Uhr: Film Hate Radio von Milo Rau, frei
- 16 Uhr: Panel Klage und Glorie, frei
- 19 Uhr: Konzert Intonarumori mit Der Wexel Wessel Westerveld und Yuri Landmann
- 20 Uhr: Konzert Zeitkratzer mit Svetlana Spajić und friends
- 21 Uhr: Konzert Songs of Heroes mit Tri Minh
Wir verlosen 1×2 Freikarten für Samstag (16.1.2016) mit wittmann/zeitblom, Tobagoe Crusoe & the Kalypso Katz und Songhoy Blues.
Mit „SONGHOY“ kannst du hier am Gewinnspiel teilnehmen. Einsendeschluss ist der 15.1.2016 um 17:00 Uhr.
(Fotos: mit freundlicher Genehmigung vom Haus der Kulturen der Welt)