Der Pop-Star M.I.A. schreibt kritische Lieder. Schon mehrmals hat sie auf soziale Missstände aufmerksam gemacht. Erst Provokation, dann Krawall in den Medien und hinterher ganz gut kassiert. Denn Pop verkauft sich durch die Aufmerksamkeit, die man bekommt. Und das plakative Aufgreifen von politischen Themen oder Motiven mag zwar Leute verärgern, aber es sorgt dafür, dass man mehr ist als eine unter vielen.
In ihrem neuen Video „Borders“ kritisiert M.I.A. nun die Flüchtlingspolitik der westlichen Staaten. Zu sehen sind hohe Grenzzäune und die überfüllten Boote: der Popstar begibt sich scheinbar selbst auf die gefährliche Überfahrt, um die anynomen Verschollenen auf dem Weg zu einem vermeintlich besseren Leben zu thematisieren. Es ist die erste Single des neuen Albums „Matahdatah“ und legt den Finger in die Wunde: Politik, Polizeigewalt, Identitätskonflikte, Privilegien – Was geht da ab?
Tja, diese Fragen werden ja auch bei uns in den Medien seit Monaten diskutiert, auch die Gründe der Flucht. Im Video trägt M.I.A. das weiße Trikot vom Fußball-Club Paris Saint-Germain, auf dem als Sponsor statt „Fly Emirates“ „Fly Pirates“ steht. Der Fussballverein wird von der Qatar National Bank gesponsort. So schlägt die Sängerin schon mit dem Trikot den Bogen zur Baustelle für die WM 2022, bei der Menschen aus Indien, Pakistan, Nepal und Sri Lanka in unwürdigen Umständen schuften und bereits umgekommen sind, wie der Guardian berichtete.
Ja, M.I.A. steht im Mittelpunkt des Videos und schreitet wie Jesus übers Wasser. Sie sieht natürlich gut aus und inszeniert sich als Retterin – das Video ist kein Charity-Projekt, sondern ein Produkt der Musikindustrie. Dennoch stellt sie unangenehme Fragen an die Zuschauenden: „Was sind eure Ziele?“ – Beste sein, einfach „bae“ sein – Was soll das? Sind das eure Werte? fragt die Musikerin: Sind es mehr als Instagram-Posts und Hashtags?
Nicht zufällig veröffentlichten die Plattenfirma und M.I.A. die Platte an Thanksgiving, ein Familienfest in den USA, bei dem Familien zusammenkommen und zumindest in der Theorie andere willkommenheißen – so wie es ihre Vorfahren vor 500 Jahren erleben durften. Künstlerin wie auch Label bedienen somit ein weites Spektrum an möglichen Deutungen – und machen gleich nebenbei auf die Krisen der Welt aufmerksam. Eine optimale Win-win für alle Beteiligten – wer könnte das schon schlecht finden?
(Foto: Screenshot aus „Borders“)