Anschläge in Paris, tödliche Überfälle in Berlin auf dem Alexanderplatz und dem RAW. Schon seit längerer Zeit machen sich Berliner Politiker Gedanken, bestimmte öffentliche Orte per Video zu überwachen. Innensenator Frank Henkel (CDU) möchte auf dem Alexanderplatz eine flächendeckende Videoüberwachung testen. „Videoüberwachung könne sehr hilfreich bei der Abschreckung von Tätern und der Aufklärung von Straftaten sein“, sagte er in der RBB-Abendschau vom 3.11.2015. CDU-Politiker möchten am liebsten auch noch Kameras auf Spielplätzen installieren, berichtet die Berliner-Woche. Nach der Entführung von Mohamed und Elias konnten die Täter mit Hilfe der Kameras überführt werden, argumentieren die Politiker der Partei.
Doch ob Kameras nützen oder eher schaden – darüber sind sich nicht mal Polizisten selbst einig. Die Gewerkschaft der Polizei ist strikt gegen die Einführung von Kameras. „Eine Polizeistreife wirkt abschreckender auf Täter als eine anonyme Kamera irgendwo an einem Laternenmast“, sagt Landeschefin Kerstin Philipp der Berliner Zeitung. Michael Böhl, Landeschef des Bundes deutscher Kriminalbeamter, unterstützt Henkel hingegen bei seiner Idee. „Es braucht aber auch Personal, das eingreifen kann.“ räumt er in der Berliner Zeitung ein und fordert, dass ein solches Projekt wissenschaftlich begleitet werden müsse.
Soziale Kontrolle ist besser – meint der Kriminologe
„Kameras können auch einen negativen Einfluss haben“, sagt Claudius Ohder. Der Professor für Kriminologie an der HTW Berlin befürchtet, dass Menschen durch Kameras weniger helfen werden. Verantwortung werde abgegeben, nach dem Motto: „Hier wird videoüberwacht, da brauche ich nicht einschreiten.“ Die Illusion sei: wenn etwas passiere, werde sofort eingegriffen. „Der bessere Ansatz sei soziale Kontrolle“, sagt er. Denn Menschen seien die beste Form der sozialen Überwachung. Aber am Alexanderplatz und auf Bahnhöfen halten sich nur wenige Menschen länger auf. So sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass jemand einen Übergriff beobachtet. Damit befindet er sich in einer Linie mit den Skeptikern der Piratenpartei. Die Datenschützer und Netzaktivisten sagen: „Kameras ersetzen kein Personal“.