Eigentlich sollte es so schön werden: ein Ort irgendwo vor den Toren Berlins. Ein Programm mit Hipster-Elektronik und Edel-Indie und „Glamping“-Zelte. Potente Partner wie das Blog Mit Vergnügen und der Berliner Club Neue Heimat kuratierten und rührten die Werbetrommel für das neue Event des Erfinders des „Holi“-Festival-Franchise Max Riedel. Und eine Webseite mit schicken Agentur-Fotos sorgte dafür, dass Besuchende vorab bis zu 750 Euro für vermeintliche Luxus-Zelte auf dem Brandenburger Acker ausgaben.
Doch bereits am ersten Festival-Tag war klar: die Erwartungen, welche die Hochglanz-Ästhetik erzeugte, hat wenig mit der Realität des „Secrets“-Festivals zu tun. Auf Facebook sammelten sich Unzufriedene, die zuerst auf der Festival-Seite, danach in einer eigenen Gruppe ihrem Zorn freien Lauf ließen. Am Samstag wollten dann einige enttäuschte Besucher ihr Geld zurück.
Nicht alle Vorwürfe können nachgeprüft werden. Fest steht jedenfalls, dass einige Künstler und DJs wegen Ablaufproblemen und aus Sicherheitsmängeln nicht auftraten, darunter die Maxim und die Bands Roosevelt und Valentine. Und dass die Voraberwartungen bei weitem nicht erfüllt wurden. Das zeichnete sich bereits kurz vor Start des Festivals ab, als Kooperationspartner nicht mehr an Bord sein wollten. Die Neue Heimat stieg kurz vor Beginn des Festivals aus, jedenfalls teilweise.
Mittlerweile gesteht auch der Veranstalter offiziell ein, dass „vieles nicht so geklappt, bzw. umgesetzt werden konnte/durfte, wie wir es uns gewünscht – und ihr es, berechtigterweise, erwartet habt.“ Ob’s für Enttäuschte Geld zurück gibt – ungewiss. Ob der Veranstalter HDR2 nächstes Jahr einen weiteren Anlauf wagen wird? Abwarten.
Update (19.8.2015)
Mittlerweile gestehen die „Secrets“-Organisatoren mit Prospekt-Fotos und Wellness-Sprüchen falsche Erwartungen geschürt zu haben. “Einige haben sich vorgestellt, da wäre ein Boden und ein richtiges Bett drin. Wir hatten Matratzen auf Holzpaletten in schönen Zelten. Das hätten wir vorab mitteilen sollen.” sagt Max Riedel in Berlins Boulevard-Zeitung B.Z. Schon das Konzept sei nicht aufgegangen, weil die angesprochenen Zielgruppen – Familien und Techno-Fans – zu unterschiedlich seien. Zum Sanitär-Mangel kommentierten die Organisatoren hingegen: “Wir hatten 150 Toiletten und 36 Duschzellen, das liegt über dem Soll. (…) Wir haben sie wohl an die falschen Orte gestellt.”. Die Bühne sei durch TÜV und Feuerwehr geprüft und abgenommen gewesen – warum Bands Sicherheitsprobleme sahen, könne man sich nicht erklären. Insgesamt schildern Besuchende und auch Künstler den Ablauf des Festivals chaotisch: die Versorgung mit Essen war unzufriedenstellend, die Regensicherheit trotz Ankündigung nicht sichergestellt. Trotz behördlichen Verbot wurde der angrenzenden Kanal als Bademöglichkeit angeführt. Künstler wurden nicht betreut und mussten ihren Weg zum und vom Gelände unter widrigen Umständen allein finden.
Update (20.8.2015)
Kommerziell ist das Secrets Festival auf jeden Fall ordentlich in die Hose gegangen. Der Verlust den die Veranstalter einfuhren liegt im sechsstelligen Bereich und wird demnächst gleich noch etwas größer. Wie Matthias Glesel von der Facebook-Gruppe „Secrets-Festival-Kritik“ berichtet, werden die Organisatoren die Glamper auf dem Festival entschädigen. Auf die Art hofft man wohl zumindest etwas verlorenen Boden gutzumachen. Laut Co-Organisator Max Riedel soll das Secrets-Festival nämlich keine Einmalnummer sein, sondern auch künftig Bestand haben.
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(via: Clubmap / Foto Zelt: Veronica Atkins)