Drei Jahre nach seinem letzten Album „In Gumbo“ gibt es nun endlich wieder ein neues Solo-Album des Dänen Kasper Bjørke. Sein neues Werk mit dem Titel „Standing On Top Of Utopia“ erscheint zudem als erstes Artist-Album auf dem neuen Hamburger Label hfn music, welches bereits mit der DJ-Mix-Compilation „Harbour Boat Trips 01: Copenhagen“ von Landsmann Trentemøller einige Aufmerksamkeit erfuhr.
„Reach out and reach us“ heißt es gleich im Opener „Animals“, und das darf direkt als Aufforderung verstanden werden, in Kaspers Welt aus atmosphärischem Post-Disco, feinem Synth-Pop und glitzernden Club-Nummern einzutauchen. Zu gerne nehme ich diese Aufforderung an und folge der bezaubernden Stimme von Louise Foo, die mich durch warme Synthesizer-Melodien und den im Untergrund brodelnden Live-Bass direkt zum nächsten Titel des Albums führt, der zugleich auch als erste Single ausgekoppelt wurde.
Bei „Young Again“ werde ich von einer fröhlich vor sich hin hüpfenden Disco-Bassline emfpangen, die sich nach kurzer Zeit mit der wirklich sehr angenehmen Stimme Jacob Bellens‚ verbindet. Und auf einmal gleitet man wie auf einem fliegenden Teppich auf den von Davide Rossi arrangierten Streichern über gelbe Puddingseen, aus denen, wie in einer Lava-Lampe, kleine Blasen langsam nach oben steigen und in viele kleine Tropfen zerplatzen.
„Dasko Vanitas“ befördert mich direkt auf den Rücksitz eines Taxis, das durch die schwül-heiße Abendluft eines New Yorker Sommers fährt. Vorbei an rauchigen Jazz-Kellern mit gedimmtem Licht und längst geschlossenen Electro-Funk-Clubs, deren Glanz zwar schon längst veflogen ist, die aber immer noch eine marode Coolness versprühen. Die „Efficient Machine“ beschleunigt und wir schalten in den Discoball-Mode. Währenddessen erscheint Tomas Höffding, der Sänger der Dänischen Band WhoMadeWho, auf dem Sitz neben mir und liefert die perfekten Vocals zu diesem Disco-Stomper.
Raus aus dem Taxi und rein in den Club mit dem Namen „Melmac“. Ein pumpender Bass wabert durch die dunklen Räume, fiepend zucken Lichtblitze über die hölzerne Tanzfläche, auf der sich ein altbekannter und ziemlich pelziger Außerirdischer mit großer Nase etwas klobig der lauten Musik hingibt. Auf der Suche nach dem Klo gelange ich versehentlich durch eine Hintertür mit der Aufschrift „Alcatraz“ in einen pflanzenumwucherten, hell erleuchteten Innenhof, in dessen Mitte ich wieder auf Jacob Bellens treffe. Dieses Mal sitzt er an einem weißen Piano und wird von kleinen, halb durchsichtigen Gestalten umgeben, die an Casper, den freundlichen Geist erinnern.
Plötzlich verstummt ihr poppiger Harmoniegesang und die Szenerie beginnt langsam zu verblassen, während sich der Hof langsam zu einem gespenstischen hölzernen Raum verwandelt. In einem Schaukelstuhl in der Ecke taucht wie aus dem Nichts eine junge Frau namens Cæcilie Trier mit einem Cello auf. „Great Kills“ haucht mir eine zarte Stimme ins Ohr und ich werde sofort in den Bann der dunklen Streicher-Melodien gezogen. Knapp sechs Minuten später finde ich mich einen Feldweg entlang rennend wieder. Die Landschaft morpht sich wie im Zeitraffer alle paar Schritte von Winter zu Frühling zu Sommer zu Herbst. Louise Foos Stimme säuselt mir dabei immer und immer wieder „kissing and running, kissing and running“ ins Ohr, während zarte Gitarren-Melodien und engelshafte Streicher an mir vorbeiziehen. Ist das jetzt „Heaven“?, frage ich mich und treffe zufällig „Fido & The Friendly Ghost“ die hier einfach so am Wegrand stehen und mir zuwinken.
Als ich nach dem Weg fragen möchte, formen sich zu meiner Überraschung aus meinen Worten fluffige House-Chords, auf die Fido mit einer warmen, analogen Bassline antwortet. Langsam bildet sich daraus ein ziemlich funkiger House-Track. Es kribbelt in den Füßen und wir beginnen zu tanzen. Immer mehr Leute strömen von allen Seiten auf den inzwischen zu einer Waldlichtung verwandelten Feldweg und schließen sich uns an. Es beginnt zu dämmern und der Himmel färbt sich orange. Die Bassdrum weicht einer blubbernden Arpeggiator-Synth-Melodie, die sich immer wieder um sich selbst windet, neu moduliert und zwischendurch wie eine hungrige Schlange böse zischt.
Mit einem Schlag ist alles vorbei. Leicht verwirrt sitze ich in meinem Zimmer im Hotel „Fasano“ und realisiere langsam, was gerade passiert ist. „Standing On Top Of Utopia“ ist ein wirklich gelungener Nachfolger von „In Gumbo“ und schickt einen, wenn man sich darauf einlässt und durch die glitzernde Oberfläche dringt, auf eine wunderbare Reise.
Ein Interview mit Kasper findest du hier.
Tracklist:
- Animals
- Young Again
- Dasko Vanitas
- Efficient Machine
- Melmac
- Alcatraz
- Great Kills
- Heaven
- Fido & The Friendly Ghost
- Fasano