Marijus Adomaitis aus Litauen ist schon etwas länger als Mario Basanov mit Nudisko-Tracks im Clubleben unterwegs. Letztes Jahr feierte er seinen Durchbruch. Als Ten Walls landete er 2014 mit „Walking With Elephants“ seinen internationalen Durchbruch. Im Sommer 2015 sollte Ten Walls richtig durchstarten: seine neue Single „Sparta“ erschien und er war für zahlreiche Festivals gebucht.
Jetzt ist alles vorbei!
Mit einem homophoben Posting am 3. Juni auf der Ten Walls-Fanseite sorgte der Produzent für einen Shitstorm. Konsequenz: das Sonar-Festival und Creamfields setzten ihn vor die Tür, MS Dockville in Hamburg sagte ihm ab, seine internationale Booking-Agentur Coda kündigte die Zusammenarbeit auf.
Grund des kollektiven Banns für Ten Walls war ein Posting, in dem sich Marijus Adomaitis mächtig im Ton vergriff. Homosexuelle seien ein „anderer Menschenschlag“, der in den 1990ern noch „behandelt“ wurde. Adomaitis stellte Fragen wie „Was würdest du machen, wenn der Liebhaber deinem 16-jährigen Sohn den Arsch aufreißen würde?“ und brachte katholische Priester, die Kinder vergewaltigen, mit Homosexuellen in Verbindung. Doch anders als die Priester mache der „andere Menschenschlag“ weiter: „jeder weiß es, aber keiner unternimmt etwas.“ Gefunden hatte das mittlerweile gelöschte Posting der litauische Filmemacher Romas Zabarauskas, der es ins Englische übersetzte. Veröffentlicht wurde sie durch Gay Star News.
Mittlerweile hat sich Marijus Adomaitis auf der Ten Walls-Seite entschuldigt. Doch er erklärt nicht, wie es zu seiner Tirade kommt, die sein persönlicher Beitrag zu der Debatte um die Gleichstellung Homosexueller in Litauen und Europa ist. Ten Walls Karriere dürfte erst mal vorbei sein: welche Musiker und welche Clubs von Ruf möchten mit jemanden zusammen arbeiten, der nun als Schwulenhasser bekannt ist? Auch Adomaitis anderes Projekt könnte Schaden nehmen: als Mario Basanov hat er diskoide House-Musik produziert, also genau die Art Musik, die verwoben ist mit der Ausgeh- und Gefühlskultur des von ihm titulierten „anderen Menschenschlags“. Mögen ihn diese Fans dann noch hören?
Die nun erfolgte Ächtung Ten Walls seitens zahlreicher Promoter und Künstler in Westeuropa ist eine gute Gelegenheit für Protagonisten der elektronischen Clubkultur sich gegenseitig zu versichern, dass sie offen mit zahlreichen Lebens- und Liebesformen umgehen können. Alle, die „ein Problem“ haben, schweigen: der Karriere willen. So ist zu befürchten, dass die offen dargestellte Akzeptanz, die in der Underground-Clubkultur anderen sexuellen Ausrichtungen entgegen gebracht wird, Vorurteile kaschiert, die auch unter Elektronik-Fans gang und gäbe sind – und nur nicht artikuliert werden.
(Foto: Ten Walls, Promo)