Studio-Not in Berlin: Musiker leiden leise

RiversideStudios Eröffnung 05.06.14 Kreuzberg-26

Berlins Offizielle lieben es, die Stadt als multikulturelle Künstlermetropole darzustellen. Und tatsächlich: kaum ein Ort beherbergt mehr Musiker, Autoren, Filmemacher, Fotografen und Maler. Vielleicht zu viele: Denn an Kreativen mag es nicht mangeln, wohl aber an Platz, wo sie ihrer Passion nachgehen können.

Anfang März standen plötzlich 100 schwarze Kartons auf dem Berliner Oranienplatz. Auf jedem war in großen, weißen Buchstaben zu lesen: „Kunst zieht an und nicht aus!“ Was auf uneingeweihte Passanten wie eine Umzugsaktion wirkte, war in Wirklichkeit eine Demonstration gegen das Ateliersterben in Berlin. Laut dem bbk Kulturwerk e.V. suchen knapp zwei Drittel aller bildenden Künstler nach „bezahlbaren“ Ateliers in der Stadt. Allein 2014 machten knapp 350 Berliner Ateliers dicht, gleichzeitig sind nur 100 neue entstanden. Ein Ende dieser Tendenz ist ist nicht abzusehen.

Die lange Odyssee zum Studio-Raum

Auch bei Musikern sieht die Lage nicht besser aus. Zwar gibt es hier noch keine solch dramatischen Protestkundgebungen, aber Fakt ist: Es gibt zu wenig bezahlbare Räume, deren Lage, Sicherheit und akustische Voraussetzungen einem Aufnahmestudio gerecht werden. Diese noch verkehrsgünstig mitten in Berlin zu finden, stellt Musiker vor Geduldsproben, wie das niederländische Magazin DJBroadcast kürzlich in einem ausführlichen Report darstellte. Musiker wie Cosmin TRG, NIBC und Stefan Goldmann – nicht gerade neu im Geschäft – erzählten, dass es aufwendig und nervraubend ist in Berlin geeignete Räume zum Musikmachen zu finden.

Existierende Produktionsstudios können sich vor Anfragen kaum retten. Wartezeiten von bis einem Jahr um einen Studio-Platz zu ergattern, sind keine Seltenheit. Begehrt bei Musikmachern sind auch die Studios in den ehemaligen Stasi-Verwaltungsgebäuden unweit von Berlin-Friedrichshain. In dem ehemaligen Komplex des DDR-Geheimdienstes befinden sich von 25 Studios, die sich auf elektronische Musik spezialisiert hat. Verwaltet werden sie von Cinthie Christl, die auch das Label Beste Modus betreibt.

Cinthie erzählt BLN.FM im Interview von den Herausforderungen des gegenwärtigen Berliner Studiobetriebs:

 

Ein altes Problem, das immer noch nicht gelöst wurde

Die Studio-Knappheit in Berlin ist kein neues Problem, wie Fredrik Nyberg alias NIBC DJBroadcast schildert. Beim Musicboard Berlin sieht man auf jeden Fall Bedarf nach Studioräumen. Doch Zahlen zu der Anzahl der existierenden Studios hat man keine; einen konkreten Bedarf nicht ausgerechnet. Ebenso sind die Möglichkeiten arg begrenzt, selbst für Studioraum zu sorgen. Weder kann das Musicboard Studios bauen, noch Studiobetreiber finanziell fördern. Das Team um Berlins Popkulturbeauftrage Katja Lucker sieht seine Aufgabe eher im Überzeugen von städtischen Behörden, auf die Wünsche Berliner Musiker mehr Rücksicht zu nehmen. Bei ihren Vorgesetzten, Berlins „starken Männern“ in Sachen Kultur, zuckt man ebenfalls mit den Schultern: sowohl Tim Renner als auch Björn Boening verweisen auf auf Andere, die Bescheid wüssten. Anfragen blieben unbeantwortet.

Die Musiker versuchen derweil sich mit der gegenwärtigen Situation zu arrangieren. Viele produzieren nach wie vor im Schlafzimmer oder teilen sich Studios im Schichtbetrieb. Frei nach dem Motto: Geteiltes Leid ist halbes Leid.

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(Foto: Riverside Studios Berlin, Kai La Quatra für BLN.FM)