19. Februar 2015, Radialsystem. Berlins unkonventioneller oberster Kultur-Chef Tim Renner (SPD) wagt das Unmögliche: Die miesepetrige Skepsis der kreativen Klasse Berlins gegenüber der Olympia-Bewerbung soll mit einem Brainstorming vertrieben werden. Rund 100 Planer, Politiker und Lebenskünstler saßen auf umgedrehten Plastikeimern an Klapptischen und übten sich in „#OlympiaAndersDenken“. Zumindest Tim Renner legte schon vor: Sportfunktionäre sollten Berlin als Couchsurfer kennenlernen, Sportler die Energiebilanz als Bio-Dynamos aufbessern schlug er vor. Die Ideen, welche Teilnehmende an diesen Abend auf Recycling-Papier bannten, standen dem an Originalität in nichts nach.
Es kam zu einer „Explosion der Ideen“, bei denen einige Einfälle eher zum Fremdschämen waren. Der Olympia-Film von Nazi-Regisseurin Leni Riefenstahls könnte ja mit Teilnehmenden der Paralympischen Spiele neu gedreht werden. Das Olympische Feuer sollte durch Wasser als Symbol des Lebens ausgewechselt werden. Die Berliner Spiele sollten das Motto erhalten „Lieder statt Leader“ – weil doch „Leader“ übersetzt Führer heißt! Eine klare Auseinandersetzung mit den ersten Olympischen Spielen in Berlin, welche die Nazis als Propagandaveranstaltung ausschlachteten. Nicht nur bei diesen Ideen sieht Tim Renner Schwierigkeiten, sie seinem Chef, dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller zu erklären. Am besten fand er den Vorschlag, den Berlinern Olympia als „Zwischennutzung“ zu „verkaufen“ – schließlich würden wie üblich viele Sportstätten und die Wohnungen des Olympischen Dorfs danach weiter zur Verfügung stehen.
Ob mit dieser späten Aktion endlich Fahrt in die Olympia-Bewerbung kommt? Am 21. März trifft der Deutsche Olympische Sportbund die Entscheidung, ob sich Hamburg oder Berlin bewirbt.