Was kommt nach Facebook? Auch 2014 wird die Suche nach Alternativen fortgesetzt. Der neue Kandidat heißt Ello. Das Netzwerk ist anonym, (noch) werbefrei und mit den zentralen Funktionen von Facebook, Twitter und Tumblr versehen. Optisch präsentiert sich Ello sehr übersichtlich mit minimalistischem Design: Alle Neuigkeiten gibt es in zwei Spalten: „Friends“ und „Noise“ – das war’s. Wo man bei Facebook Angst hat, Relevantes von Freunden zu verpassen, kann bei Ello wenig übersehen werden. Das zurückhaltende Design wird mit Nachrichten ohne Zeichenbegrenzung und hochauflösenden Bildern gefüllt. Ein „@“ verlinkt wie gewohnt andere Nutzer. Wer also auch in anderen sozialen Netzwerken unterwegs ist, findet sich schnell zurecht.
Unterstützung für Ello kam zunächst von vielen schwulen, lesbischen und transsexuellen Nutzern_innen. Facebook verärgerte sie mit der Pflicht, Klarnamen offen zu legen. Für Menschen, die aus einer wenig toleranten Umgebung kommen, kann das gefährlich sein. Ello hingegen lockt neben Anonymität mit „pornofreundlicher“ Atmosphäre. Es dürfen auch sexuell explizite Bilder online gestellt werden, wenn sie als „NSFW“ (not safe for work) gekennzeichnet sind. Facebook würde solche Bilder ganz fix löschen.
Ist Ello eine Baustelle, die nur mit Nacktbildern lockt?
Teilweise ist der Minimalismus von Ello ungewollt – denn die Plattform ist noch im Betastatus. Videos mit Musik und süßen Katzen gibt’s nur als Link. Soundcloud-Schnipsel kann man auch nicht so einfach wie auf Facebook veröffentlichen und anhören. Auch private Nachrichten innerhalb von Ello sind noch nicht möglich. Beide Funktionen sind jedoch in Planung, versprechen die Macher. Noch ist die Nutzung von Ello kostenlos, doch in Zukunft plant das Netzwerk Funktionen, die nur zahlenden Nutzern zur Verfügung stehen. Wer zum Beispiel mehrere Profile verwalten will, der soll künftig einen Euro zahlen, sagt Paul Budnitz, einer der Gründer laut Zeit Online.
Obwohl selbst banale Grundfunktionen fehlen, bewarben sich in den letzten 2 Wochen stündlich 30.000 Menschen für ein Profil im Netzwerk, denn Zugang gibt’s nur per Einladung. Vorneweg natürlich auch einige Musiker und Labels aus Berlin. Neben Scuba und seinem Label Hotflush Recordings fanden wir auch Machinedrum, den Berliner Technopionier Tanith und Leisure System.
Ob Ello „not evil“ bleibt, ist nicht sicher. Hinter dem Unternehmen steht ein Risikokapitalgeber. Will er mit seinem Investment Geld verdienen, dann muss Ello irgendwann von einem größeren Konzern gekauft werden oder Nutzerdaten zu Geld machen: durch Werbung oder Datenhandel. Zurzeit lebt Ello nur vom Hype und Versprechungen. Neben der klinisch weißen Oberfläche ohne Werbebanner bietet das Netzwerk weniger als die Konkurrenz. In drei Monaten schauen wir nochmal, ob Ello seine Versprechen hält. Bis dahin – abwarten.
(Fotos: Ello (Mona Lisa says Ello))