Kalipo – Konzeptalbum für die Opiumhöhle

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„Ich würde gerne mal in einer Opiumhöhle spielen. Ich stell mir das so vor, dass sich jeder in eine kleine, gemütliche Kammer legt. Die Sound-Anlage ist natürlich vom Feinsten und alle knallen sich ins Nirwana. Hirndisko!“ Allein diese Aussage von Jakob Hägl­sper­ger alias Kalipo zeigt, wie sehr sich sein Soloprojekt von seiner Bandarbeit mit Frittenbude unterscheidet – bei den dort vorherrschenden Electropunk-Beats hat sich wahrscheinlich noch niemand gemütlich irgendwo hingelegt. Kalipos Debütalbum „Yaruto“ ist jetzt auf dem Berliner Label Antime erschienen. Gelingt ihm der Wechsel von Bass-Party zu ruhigeren Klängen?

Dem Album merkt man die jahrelange Puzzlearbeit an. Nichts wirkt zufällig, von Artwork bis Titelgebung lauert hinter allem ein tieferer Sinn. Und tatsächlich: „Es sollte keine Tanzflächen-Konserve werden, wo grundlos schöne Songs aneinander gereiht sind. Ich wollte dem Ganzen einen größeren Überbau geben. Die Stücke haben keine Texte, das Ganze sollte aber trotzdem ähnlich interpretierbar sein. Also versuche ich mit Stimmungen, Wortschnipseln, den Titeln und der Track-Reihenfolge eine Geschichte zu erzählen“, erklärt Kalipo. Welche Geschichte das ist, verrät er jedoch nicht. Es könnte eine Lebensgeschichte sein – von der Geburt bis zum Tod. Die Tracklist reicht schließlich vom „Embryo“, der das Licht („Lux“) der Welt erblickt, über den Versuch, erfolgreich zu sein („Get Rich“) und sein Glück festzuhalten („Take Care Of Your Paradise“) bis hin zum finalen Tanz im Himmel („Cloud Dancing II“).

Der Opener „Embryo“ ist ein Track, den Glöckchen und Klangschalen dominieren, sodass man versucht ist, in eine tiefe Meditation einzusteigen. Das anschließende „Lux“ beginnt ähnlich entspannt, doch schmücken hier die ersten dickeren Beats das angenehme Electronica-Stück. Die Vorabsingle „Yaruto“ ist von allen Tracks am ehesten ein klassischer House-Vertreter, mit dem sich gut die Tanzfläche füllen lässt. Mit „Come“, „Take Care Of Your Paradise“ und „Wilt“ sind gleich drei Stücke dabei, die mit ihrer bass- und drumlastigen Melancholie, sirrenden Synthies oder flehenden Vocalfetzen genauso gut auf dem letzten Moderat-Album ihren Platz hätten finden können. Fast schon poppig wirkt da „Listen To You“ – dank der Claps, den repetititiven, fast hypnotischen Vocals und einer klaren Song-Struktur.

„Yaruto“ ist ein erwachsenes, unaufdringliches und doch Eindruck hinterlassendes Album geworden, das von seiner übergreifenden Sound-Ästhetik zusammengehalten wird. Lebensgeschichte hin, Opiumhöhle her – hier hat sich kein einziger schwacher Track in die Liste geschmuggelt. Ein Album, das man ohne Mühe in Dauerschleife hören kann. Vielleicht sogar ein Leben lang immer wieder.

 

 

 (Foto: Kalipo by Paul Aidan Perry)