Kalipo: Der alltägliche Wahnsinn der Stadt

2-Kalipo-Presse

Als „Basslaster“ ist Jakob Häglsperger fester Bestandteil von Audiolith-Zugpferd Frittenbude. Seit einiger Zeit ist der Bayer aber auch solo als Kalipo unterwegs. Bauchgefühl und Introspektive statt politisierte Party, intime Gigs statt riesige Festivalbühnen, reduzierte Arrangements statt fetter Bässe – mit Kalipo schlägt Jakob Häglsperger neue Wege ein. Das Bauchgefühl bescherte ihm auch seinen Künstlernamen: „Aus dem Bauch heraus habe ich mich Kalipo genannt – das Wort flog mir beim Duschen zu.“

„Mit Frittenbude spielen wir die großen Bühnen. Das hat mehr die Form einer Rockshow und macht schon verdammt viel Spaß, kann auf Dauer aber auch sehr anstrengend sein. Kalipo ist als Gegensatz zu dem ganzen Wahnsinn entstanden. Ich habe wieder bei Null angefangen. Am Anfang war ich schon ein bisschen verwöhnt vom Frittenbude-Publikum denn die meisten Konzertbesucher kennen fast alle Songs und können mitsingen. Bei Kalipo muss ich die Leute mit etwas Unbekanntem, Ruhigerem und Filigranerem fesseln. Das finde ich spannend“, beschreibt der Musiker, warum er zwischen diesen beiden recht unterschiedlichen Welten wandelt.

Esoterik-Klänge für Ungläubige

Tatsächlich sind die Klänge, die Kalipo produziert, keine hart stampfenden Party-Tracks. House-Einflüsse vermengen sich mit  Techno-Beats, Downbeat-Elementen und soften Spielarten der elektronischen Musik. Kalipo selbst fällt es schwer, seiner Musik einen Stempel aufzudrücken: „Ambient Goa wäre doch mal ein schöner Begriff. Spaßeshalber sag ich auch oft Eso-House dazu, wegen der Samples, die man auch auf esoterischen Meditations-CDs finden könnte. Das ist zwar eigentlich nicht so meine Welt, aber ich mag diese glockenartigen Klänge, wie man sie zum Beispiel in der Gamelan Musik findet.“ Seine Single „Yaruto“ zeigt beispielhaft, wie diese unesoterische House-Musik klingt: ein dezenter Basslauf trägt atmosphärische Synthiearrangements und bruchstückhafte Vocals.

„Yaruto“ heißt auch das Album und erscheint am 12. September auf dem noch jungen Berliner Label Antime. Labelchef ist Frittenbude-Gitarrist Martin Steer. „Bei Antime zu sein fühlt sich jeden Tag besser an. Martin und ich bringen gemeinsam diese Platte raus, jeder hat seine Aufgaben und wir sind von der Leidenschaft getragen, Musik rauszubringen, die uns gefällt – befreit von marktorientiertem Denken.“

Genug Leidenschaft für alle

Kalipo ist getrieben von der Perfektion. „Meine Leidenschaft ist die Magie, aus dem Nichts einen fertigen Song zu bauen! Es ist ein bisschen wie puzzlen, nur viel emotionaler. Ich bin süchtig nach dem Moment, wo alles zusammen kommt und harmoniert. Nur hält dieses Gefühl der Zufriedenheit nicht lange an. Deshalb schraub ich so oft wie es geht an Beats – bald schon seit 20 Jahren, seit ich ein kleines Casio-Keyboard und zwei Kassettenrekorder hatte, die aufnehmen konnten.“

Wie viele andere Musiker zog es Kalipo irgendwann nach Berlin. „Ich lebe jetzt seit fünf Jahren hier und fühle mich hier zu Hause. Eigentlich dachte ich, ich zieh nach Berlin, geh jedes Wochenende raus und genieße das Nachtleben in vollen Zügen. Ich bin aber so viel unterwegs, dass ich überall anders in Deutschland mehr feiern war. Und an den freien Wochenenden bleib ich dann auch gerne einfach mal bei meiner kleinen Familie. In meiner Musik spiegelt sich jetzt der alltägige Wahnsinn dieser Stadt.

(Foto: Kalipo by Paul Aidan Perry)