Kaum ein Debüt wurde 2014 so heiß erwartet wie das erste Album von FKA Twigs. Die 26-jährige Britin bastelte bereits als Jugendliche Musik für die Rapper ihrer Heimatstadt Gloucester. Danach zog es sie zur Tanzausbildung nach London, wo sie nach einiger Zeit bemerkte, dass nicht der Tanz sondern die Musik ihre eigentliche Leidenschaft ist. Sie brach die Tanzausbildung ab und widmetet sich dem Singen. Im August 2014 erschien nun endlich ihr erstes Album „LP1“. Wie die Vorab-EP „EP2“ erschien es ebenfalls auf Young Turks, dem Label, das bereits mit The xx und SBTRKT Erfolge bei Kritikern und Fans feierte. Im Video zur Vorab-Single „Two Weeks“ posierte FKA Twigs wenige Wochen vor der Albumveröffentlichung als orientalische Halbgöttin, welche die absolute Kontrolle über Klänge hat.
FKA Twigs’ „LP1“ ist die Quintessenz von dem, was sie bisher veröffentlichte. Die bedächtigen, langsamen Stücke bringen das besondere „Etwas“ zu Geltung: den zarten und doch rauen Sprechgesang von FKA Twigs. Sie flüstert und sie jault auf eine kontrollierte Art und Weise, die weder unmittelbar Wutausbruch noch Euphorie transportiert, sondern zurückhaltend distanziert bleibt. Damit löst FKA Twigs den Widerspruch zwischen Künstlichkeit und Authentizität auf. Mittels ihrer Lieder vertraut sich FKA Twigs an, und dennoch wahrt sie Abstand. „I could kiss you for hours“ (Ich könnte dich stundenlang küssen…) singt sie in „Hours“ auf einem leichten Drum-Hintergrund – und man schmilzt dahin, genauso bei der Liebeserklärung „Lights On“. Die Intimität der Lieder ist überwältigend.
Doch nicht alle Lieder handeln von Liebe oder Verführung. In „Video Girl“ erzählt FKA Twigs einen Teil ihrer Geschichte. Viele Menschen sprechen sie immer wieder auf die Videos wie Jessie J’s „Pricetag“ an, in denen sie noch professionell tanzte. Ein Kapitel ihres Lebens, mit dem sie abgeschlossen hat wie sie sagt. In „Numbers“ experimentiert sie weiter in Richtung Trip-Hop und lässt Beats und Streichelemente mehr in den Vordergrund kommen. Ein letztes Highlight des Albums ist „Kicks“: das ruhige Stück ist experimentell trip-hoppig und kombiniert FKA Twigs’ Stimme mit Synthies. Manche könnten „Kicks“ als langweilig empfinden, auch wenn das Stück wie das gesamte Album voller Details und inspirierender Elemente steckt. Dabei bieten die 10 Tracks mit ihren verschachtelten Elementen und den aufblitzenden Referenzen genug Material, bei wiederholten Exkursionen in die synthetische Innerlichkeit von FKA Twigs Universum Neues zu entdecken.