Neu auf dem Radar: Inkke – Memphis-Rap aus Glasgow

inkke

 

2013 wurde Clubmusik aus Großbritannien von verschiedenenen „Revival“-Wellen überrollt. Weil Disclosure so erfolgreich waren, wollten einige UK Garage aufleben sehen. Andere riefen ein halbes Jahr später das Jungle-„Revival“ aus, auch wenn der kontinuierliche Strom von Tracks, die irgendwie in diese Schublade passen, nie versiegt ist, sondern nur über lange Zeit unbemerkt und ignoriert von vielen Musikmagazinen blieb. So erging es auch Grime, dem aggressiven Cousin von Dubstep. Die Tracks sind weniger auf Bass-Meditation aus, sondern fordern mit den asymmetrisch empfundenen Beats mit Nachdruck Aktivität ein. Das Genre feierte dank Produzenten und Produzentinnen wie Visionist, Slackk, Logos, Mumdance und Flava D 2013 Wiederauferstehung. Zu dem Kreis zählt auch Inkke, bürgerlich Russell Paterson. Vor kurzem brachte er sein erstes Album „Faded With Da Kittens“ heraus. Es verharrt aber nicht in Grime-Nostalgie – sondern überrascht in vielen Bereichen.

Inkke - Faded with da kittens - album - coverMit dem Debüt konserviert Inkke nicht einfach den Vibe der frühen 2000er, in denen das Genre entstanden ist. Zwar zeigte der in Glasgow lebende DJ und Produzent in seinen Sets für Radiosendungen auf Subcity Radio und Nasty FM, das er das Genre liebt, doch in seinen Produktionen beschränkte er sich selten auf das Abhaken der Standards. Die EP „Pink Dot“, die er 2012 ohne Label zum Download anbot, hat die Halftime-Kicks aus Dubstep genauso im Angebot wie für Grime typische Claps. Dazu zischelt die Hi-Hat über schleppende HipHop-Beats. Noch mehr in Richtung USA schauen die elf Tracks auf seinem Album „Faded With Da Kittens“, welche das Label Astral Black als MP3 und limitiert auf 100 blauen Kassetten mit Siebdruck-Cover verbreitet.

Die Musikkassette ist genau das richtige Medium für die dreckig verschrobenen, schlingernden und trägen HipHop-Beats Inkkes. Denn „Faded With Da Kittens“ ist ein Rap Beat-Tape in Reinform, wie es sie in den 1990ern noch gab. Damit zollt Inkke nicht nur einem Zeitgeist Tribut, der die Musikkassette als Tonträger dank großartiger Veröffentlichungen von Labels wie Opal Tapes für Sammler gegenwärtiger elektronischer Musik wieder interessant gemacht hat. Die Kassette passt auch deshalb zu seiner Musik, weil Tracks wie „Got My Click“, „Tryna Pull Hoe“ und „Blunt In My Jaws“ selbst in der MP3-Version so schrabbelig klingen als wären sie vom Tape überspielt. Dreckig vibrierende Bässe bilden den fruchtbaren Grund für die Klänge, die nicht klinisch gegeneinander abgesetzt sind, sondern miteinander verschmelzen. Hauptinspirationsquelle für das Album ist Memphis Rap, der nicht auf warmen Samples aus Soul und Funk sondern düsteren, elektronischen Klängen basiert und in den frühen Neunzigern seine Hochphase hatte, bevor er in Crunk einfloss. Inkkes Tracks klingen trotz hörbarer Referenzen nicht gezwungen „oldschool“ oder „analog“, sondern viel mehr nach einer guten Idee, die der Produzent sinnvoll und konsequent umsetzt. Mit beschränkten Mitteln schraubt er Musik zusammen, die in ihrer schlichten Art überzeugt: düster gehaltene, rauhe Beats schlingern mit einem Haufen Samples und Synths ganz ohne Purp und Bling Bling ins glückliche Delirium.

(„Faded with da kittens“ von Inkke ist auf Astral Black erschienen. Tracks von Inkke hört ihr auf BLN.FM wochentags ab 22 Uhr und regelmäßig auf „Maximal Finckobot“)

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