Groß war das Erstaunen, als Neneh Cherry mit „Blank Project“ ein neues Album ankündigte. Kein Wunder, ist es doch ihr erstes deutliches Lebenszeichen seit „7 Seconds„, dem Singlehit von 1994 – und ihr erst viertes Album in 25 Jahren Karriere. Trotzdem war Neneh Cherry immer da, irgendwo im Hintergrund, als Produzentin oder als Teil eher unbekannter Projekte. Der große kommerzielle Erfolg scheint sowieso nicht ihr Ziel zu sein, vielmehr zieht sich politisch und subkulturell gefärbte, grenzüberschreitende Popmusik als roter Faden durch ihr Werk.
Insofern kann man „Blank Project“ durchaus als konsequenten Meilenstein betrachten. Cherry bringt in zehn Tracks genau die Klischees zusammen, die man sich von einer selbstbewussten Schwedin mit Wurzeln in Sierra Leone und Sozialisation in Punk und Rap erwartet: tribale Trommeln, Harmonien und Melodien, Texte über Selbsterkenntnis und Selbstbehauptung. Die Umsetzung ist zum Glück klischeefrei geraten. Dem Zeitgeist entsprechend kommen zu vielfältigen Percussions und Breakbeats auch hin und wieder dunkle Synthies, sodass das Ganze nicht in Ethno-Sound ertrinkt.
Das Ergebnis klingt daher eher wie eine Jam-Session mit Band und Laptop. Die Musiker spielen motiviert drauf los und probieren aus: hier ein leiser, gespannter Part, der Neneh Cherrys Stimme wunderbar trägt, dort ein elektrisch verzerrter Gitarrenausbruch, ab und zu eine etwas längliche Instrumentalpassage. Sie haben sich schon vorher zusammen eingespielt, das hört man – doch sie haben kein Interesse daran, alles glatt zu bügeln. Neneh Cherry und ihre Band scheinen genau das zu machen, worauf sie Lust haben.
Als Konzeptalbum auf ganzer Länge klingt dies erfreulich stilsicher und stimmig. Allerdings tritt nach mehrmaligem Hören zutage, dass „Blank Project“ ein bisschen ereignisarm ist – „blank“ eben. Es passiert nicht viel, die Musik gerät mehr und mehr zur Hintergrundbeschallung, wenn auch zu einer nicht alltäglichen. Und wer auf eingängige Singles hofft, wird sowieso enttäuscht: Das ausgekoppelte „Out of the Black“, ein Duett zwischen der angenehm ausgereiften Stimme Nenehs und der doch sehr poppigen von Robyn, wirkt außerhalb des Albumkontexts mit seinem kindlich einfältigen Gesang uninspiriert bis misslungen. Besser also, man betrachtet „Blank Project“ als musikalische Selbstverwirklichung – und freut sich, dass sich Neneh Cherry mit etwas anderem zurückmeldet als einem öden Best-Of-Album inklusive Remix von „Buffalo Stance„.