Kelis: Soul Food statt Food Porn

Wer sein Album „Food“ nennt, legt es gewissermaßen darauf an, seine Musik zahlreichen kulinarischen Wortspielen, Bildern und Analogien auszusetzen. Und ein Profi wie Kelis hat wahrscheinlich auch genau das beabsichtigt. Ihr größter Erfolg war schließlich „Tasty“, das dritte Album aus dem Jahr 2003, das neben der Single „Trick Me“ vor allem den musikalischen Leckerbissen „Milkshake“ hervorbrachte – gleichzeitig auch Kelis‘ bekanntester Song. Wieso sollte sie also nach einigen mittelmäßigen Platten nicht das alte Erfolgrezept aufkochen und wieder ein kulinarisch inspiriertes, ihr inzwischen sechstes, Album aufnehmen?Kelis-Food-Album-Cover

Was zunächst nach reiner Berechnung aussieht, ist mehr. Kelis ist schon lange nicht mehr ’nur‘ Sängerin. Sie ist Mutter, zertifizierte ‚Saucier‘, Kochbuchautorin, stolze Besitzerin einer eigenen Saucen-Linie und Moderatorin einer Kochshow. „Food“ ist also mehr als nur der Versuch, einen alten Erfolg aufzuwärmen. „Food“ ist Kelis‘ Lebenseinstellung.

Die Vorabsingle „Jerk Ribs“ deutete bereits an, dass die Zeiten des poppigen Contemporary RnB für Kelis eher vorbei sind. Der Soul-Einschlag, der sich hier abzeichnete, zieht sich als roter Faden durch alle 13 Songs.

Soul, Funk, Brass und viel Power schlendern durch die Nummern als wäre es eine Leichtigkeit. „Breakfast“ ist ein klassischer Guten-Morgen-Radio-Song mit einer Prise von George Michael’s „Freedom“.  „Fish Fry“ arbeitet mit dem historischen Call and Response-Schema, „Biscuits ’n‘ Gravy“ hingegen lebt von der Diva-Kombination aus Kelis‘ nach wie vor einzigartiger Stimme und dem dominanten Pianoeinsatz.

KCRW’s Apogee Sessions featuring Kelis hosted by Garth Trinida„Cobbler“ zeigt, dass Kelis ihre tanzbaren, von The Neptunes geprägten Wurzeln zumindest nicht komplett abgelegt hat: Zwar gibt Kelis auch hier ihrer Stimme viel Raum, aber ergänzt durch Blechblasmelodien und raffinierte Percussions wird trotzdem eine Nummer daraus, die den Körper mindestens wippen lässt.

Bis auf eine Ausnahme – das vor Kitsch triefende, sofort zu vergessende „Bless The Phone“ – hat Kelis mit „Food“ ein solides, sehr erwachsenes RnB-Album an den Start gebracht. Es beinhaltet zwar keinen Mega-Hit oder Songs, die sofort im Ohr bleiben, eignet sich aber bestens  zum gemütlichen Durchhören und freudigen Genießen.

(Foto: Jeremiah Garcia)