Christopher Street Day in Berlin – Umbenannt und ausgelagert.

CSD Berlin 2007, by Jörg Kanngießer

Bunt. Schrill. Lustig und frivol. Homosexuell. Die Macher des Berliner „Christopher Street Days“ glauben ein Problem zu haben. Das Großereignis glich in den letzten Jahren mehr einem Volksfest als einer politischen Veranstaltung. Würstchenbuden, betrunkene Transen, Kosmetikproben und halbnackte Kerle aus dem Fitnessstudio – der CSD-Trägerverein sieht die Gefahr, dass im LGBTI-Karneval die politische Botschaft der Veranstaltung untergeht. Deshalb will er das jährliche Fest wieder politischer machen, schreibt die taz. Der erste Schritt dazu: eine Umbenennung. Die Berliner Demonstration soll künftig „Stonewall Parade“ heißen.

Plötzlich heißt der Berliner CSD anders – Warum nur?

Stonewall? Der Name geht auf die legendäre „Stonewall Inn“ in New York zurück. 1969 hatte dort die Homosexuellen-Bewegung ihren Anfang genommen. Damals wehrten sich Homosexuelle erstmals offen gegen Polizeiwillkür. Homosexuelle wollten sich nicht mehr speziellen, zwielichtigen Bars verstecken, sondern ihre Liebe offen nach außen tragen. Damit verweist der neue Name auf die politische Tradition der Bewegung, doch die Homo-Vertreter aller Parteien im Berliner Abgeordnetenhaus kritisieren diese Änderung. Die Umbennung der Demonstration sei ein Alleingang, schreiben Linke, Piraten aber auch CDU-Homoaktivisten dem verantwortlichen Geschäftsführer des Trägervereins CSD e.V. in einem offenen Brief unter der Überschrift „Wir sagen Nein!“. Vom CSD-Verein fordern sie eine öffentliche Diskussion über die Veranstaltung statt plötzliche und willkürliche Entscheidungen. Der Kritisierte schießt zurück: die Parteien hätten Angst vor einem Verein, der politisch unbequem sein könnte.

Zwischen CSD, politischen Parteien und der Stadt gibt es seit einiger Zeit Konflikte. Zahlreichen schwulen, lesbischen und Gender-Aktivisten ist die Parade zu einer Werbeverkaufsveranstaltung verkommen. Der CSD hingegen klagt derweil gegen die Stadt Berlin und sieht sich vom angestammten Platz am Brandenburger Tor verdrängt. Wie die „Berliner Morgenpost“ berichtet, verklagte der Verein die Stadt Berlin auf 50.000 Euro Schadensersatz, nachdem durch die Verlegung des CSD-Termins 2012 Sponsoren abgesprungen sind.

Wegen der Fußball-WM wollen einige die Demoparade aufs Flugfeld Tempelhof auslagern

Auch 2014 gibt wieder es Termin- und Platzprobleme. Der Termin der Parade liegt genau an den Tagen, an denen die Straße des 17. Juni zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule für die Fanmeile der Fußball-WM reserviert wird. Die „Berliner Morgenpost“ hat deshalb von mehreren Seiten gehört, dass der Christopher Street Day die „Stonewall Parade“ 2014 auf dem Tempelhofer Feld stattfinden solle. Die Quellen bleiben lieber ungenannt, denn der Vorschlag ist alles andere als populär. Denn auch wenn der Trägerverein CSD e.V. bei der Umbenennung der Parade allein das steht, so ist doch vielen klar: die Demo gehört vor’s Brandenburger Tor, an den Bundestag oder vor’s Kanzleramt.

Update (14.2.2014):

Der CSD Berlin stellt in einem ausführlichen Interview auf der Seite des schwullesbischen Magazins „Siegessäule“ seine Sichtweise dar. Fazit: Wie die Parade nun genau heißen soll – das weiß man dort 4 Monate vor dem Ereignis noch nicht. Aber mit dem Motto und einem Genehmigungsverfahren für teilnehmende Wagen soll sicher gestellt werden, dass es politischer zugeht.

(Foto: Jörg Jörg Kanngießer – wikicommons / mit Alexander Koenitz)