Letzte Woche legte die Bürgerinitiative 100% Tempelhofer Feld 233.000 Stimmen gegen die Bebauung des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof vor. Viele der Stimmen könnten gefälscht sein – das deutete die Berliner Zeitung am 23.1. an. Indiz für die Zeitung: kurz vor Schluss der Abgabefrist tauchten plötzlich 25.000 Stimmen auf.
Mit krimineller Energie könnten Aktivisten das Telefonbuch abschreiben
Die Kontrolle der Unterschriftenlisten ist großzügig und eröffnet Möglichkeiten, die Anzahl der Stimmen künstlich zu steigern. So ist ein fehlendes Geburtsdatum kein Grund für eine ungültige Stimme, verfügte im Februar 2013 Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach. „Dann kann ich ja gleich das Telefonbuch abschreiben.“ kommentierte der Neuköllner Stadtrat Thomas Blesing (SPD) in der Berliner Zeitung. Diese „kriminelle“ Energie unterstellt das Blatt auch den Anhängern des Volksbegehrens, wenn sie schreibt:
„Diese Energie könnte man sich so vorstellen: Freunde des freien Flugfeldes gehen durch die Straßen, schreiben Namen von Klingelschildern ab, suchen im Telefonbuch die Vornamen heraus, was über das Internet kein Problem ist, und setzen eine Krakel-Unterschrift darunter. Das Geburtsdatum interessiert ohnehin niemanden, und die echte Unterschrift ist im Melderegister nicht hinterlegt.“
BLN.FM fragte beim Stadtrat Thomas Blesing nach, wie er das Ganze gemeint hat. Er sagt, dass er damit kritisieren wollte, wie die Auszählung der Unterschriften für alle Volksbegehren – nicht nur „100% Tempelhof“ – gehandhabt wird. Doch warum läßt gerade im Fall „100% Tempelhof“ der Berliner Senat das Problem untersuchen, wie der Stadtrat in einem rbb-Interview berichtet? Die Berliner Opposition vermutet, dass der Senat in die Auszählung eingreifen will, weil es die Bebauungspläne über den Haufen wirft. Udo Wolf (Die Linke) meint, dass der Senat die Abstimmung nach strengeren Maßstäben als vorangegangene überprüfen lassen will. Denn: Ein paar ungültige Stimmen mehr könnten dafür sorgen, dass die Volksabstimmung nicht zu stande kommt. Und darauf setzt der Senat. Nun will Udo Wolf diesen Vorgang im Berliner Parlament diskutieren.
Der Senat weiß: Wenn nur wenige Stimmen entscheiden, können plötzlich schärfere Kontrollen das Ergebnis kippen lassen
Felix Herzog von der Initiative 100% Tempelhofer Feld sagt gegenüber BLN.FM: „Bisher gab es von den Wahlämtern keinerlei Hinweise auf Beanstandungen.“ Er geht davon aus, dass die Unterschriftenlisten nach den gleichen Kriterien geprüft werden wie die Einreichungen bei den letzten Volksbegehren. Aber zur Sicherheit wollen die Aktivisten einen Notar hinzuschalten, wie sie auf der Facebook-Seite ankündigen.
(Foto. La Quatra)