In der Soi Cowboy, der „Cowboy-Straße“ in Bangkok, spielen sich in den Nachtclubs und deren Hinterzimmern die üblichen Gangsterszenen ab: mit dramatisch Zigarre rauchenden Mafiabossen, verhältnismäßig gut betuchten Ausländern und zierlichen Thaimädchen, die an den Ausländern ohne Pause herumstreicheln und sie ankichern. So jedenfalls endet „Soi Cowboy“, der zweite Spielfilm des jungen Briten Thomas Clay, der auf dem diesjährigen Britspotting seine Deutschlandpremiere feiert.
Am Anfang jedoch steht die Stille. Der gut 90minütige Hauptteil des Films besticht durch ruhige, lange Bilder, durch distanzierte Blickwinkel und die Ästhetik des Schwarz-Weiß-Films, die in diesem Kontext eine leicht betäubende Wirkung entfaltet. Wir sehen ein paar Tage aus dem „Alltag“ eines Dänen und seiner schwangeren Freundin, die in einer kleinen Wohnung in Bangkok leben.
Natürlich ist er dick, nicht der Schönste, wohl auch nicht der Erfolgreichste. Natürlich geht er tagsüber Viagra kaufen und bringt bei dieser Gelegenheit seiner Freundin eine teure Kette vom Juwelier mit. Dort feilscht er um „Discount“, im Supermarkt zählt er das Rückgeld genau. Natürlich kann er außer Begrüßungsfloskeln kein Wort Thai. Natürlich ist er der Fremdkörper, und ein recht massiver dazu. Dennoch wird er, Toby, nicht als abstoßender Unsympath gezeigt, sondern als einer, der sich einfach mit dem Selbstbetrug arrangiert hat und dem das reicht, um so etwas wie zufrieden zu sein. Man empfindet vielleicht eine nüchternere Form von Mitleid, ein mattes Bedauern, eine Zurkenntnisnahme.
Sie hingegen ist natürlich hübsch und in der Lage, Begehrlichkeiten zu wecken. Auch scheint sie zu wissen, was sie zu tun hat, schließlich geht es im Großen und Ganzen um ihr Leben. Ob sie, Koi, von Toby schwanger ist, wird nicht geklärt. Er genießt es, sie zu beschützen, sie behält den Wert der Kette im Hinterkopf, „falls etwas passiert“. Nach dem Sex weint sie manchmal eine Träne, alle anderen sind wohl schon vergossen. Obwohl sie kaum spricht und selbst wenig aktiv handelt, ist „Soi Cowboy“ eigentlich ihre Geschichte. Denn im zweiten, in Farbe gedrehten Teil des Filmes wird ein dissonanter Schlussakkord orchestriert, der ihre Geschichte gleichzeitig erklärt wie auch besiegelt. Anhand des Dramas ihrer beiden Brüder (der eine wird als Kopfgeldjäger auf den anderen angesetzt) wird uns klar gemacht, dass es keinen Ausweg gibt für Koi. Überhaupt für niemanden gibt es einen Ausweg, auch für Toby nicht. Er allerdings wird – im Gegensatz zu den anderen – bloß Gefangener seiner selbst sein.
Während die zeitliche Linearität des Schlussteils nicht ganz eindeutig ist – was Fragen aufwirft, die allerdings gar nicht beantwortet werden müssen, weil es sowieso nichts mehr ändert – zeichnet der Hauptteil ein sprachloses Bild von unendlicher Distanz auf engem Raum. Nicht mal Toby verirrt sich hier in eine Illusion von Liebe – braucht er auch gar nicht, ihm reicht es, wenn es bequem ist und sie sich morgens zu ihm statt von ihm dreht. Denn morgens hat er Lust.
In seiner Gesamtheit ist „Soi Cowboy“ ein berührender Film, der das, was die kreischenden TV-Reportagen an menschlichen Abgründen zeigen, aus einem anderen Winkel und mit viel Ruhe erzählt. Was letztlich deutlich mehr weh tut.
„Soi Cowboy“ läuft am 15.11. um 17.45 Uhr und am 16.11. um 21.45 Uhr im Babylon Mitte. Sprachen: Englisch und Thai, englisch untertitelt.
Wir verlosen 1×2 Freikarten für „Soi Cowboy“ am Sonntag im Babylon Mitte!
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